Rezension

Zwölf Leben - eine bewegende Familiengeschichte

Zwölf Leben - Ayana Mathis

Zwölf Leben
von Ayana Mathis

Inhalt

Zur Zeit der Great Migration flieht Hattie als 15jähriges Mädchen mit ihrer Mutter und den zwei Schwestern von Georgia nach Philadelphia. Dort hofft sie auf ein besseres Leben abseits von Rassenhass und der Unterdrückung durch Weiße, die ihren Vater ermordet haben. Mit nur 17 Jahren gründet sie mit August eine Familie und wird bereits kurz nach der Geburt ihrer Zwillinge Philadelphia und Jubilee mit einem schier unmenschlichen Schicksalsschlag konfrontiert. Beide erkranken an einer schweren Lungenentzündung, an der sie mit nur sieben Monaten sterben. Ein Teil von Hattie stirbt mit ihnen und sie wird nie mehr der Mensch sein, der sie zuvor war. Auch ihre neun weiteren Kinder können das Loch in ihrem Herzen nicht stopfen und weder ihrem Mann August noch ihrem Liebhaber Lawrence gelingt es ihrem trostlosen Leben einen Sinn zu geben

Meine Meinung

Ayana Mathis erzählt in ihrem Debütroman eine bewegende Familiengeschichte. Verbindendes Element der episodenhaften Kapitel ist Hattie, die als eine Art roter Faden in Erscheinung tritt. Die Geschichte beginnt im Jahr 1925 und endet 1980, wird jedoch nicht durchweg chronologisch erzählt, was aber nicht störend ist, weil man dem Verlauf dennoch folgen kann. Auf sehr emotionale Art geschrieben, bietet die Geschichte dem Leser viel Raum für Interpretationen. Sie regt zum nachdenken an, hat einen traurigen Grundtenor, lässt den Leser auch schon mal wütend werden - ja, man fühlt mit Hattie und erlebt eine Reise, nach deren Ende man das Buch schließt und sich erst dann bewusst wird, wie kraftvoll und stark dieses Debüt ist.

Hattie ist eine stolze Frau, die geprägt durch ihre Schicksalsschläge an Herzlichkeit und Wärme verliert. Sie erzieht ihre Kinder ohne Zärtlichkeit, zu der sie nach dem Verlust der Zwillinge nicht fähig ist. Abgestumpft und gefühllos verrichtet sie ihre Pflicht als Mutter. Für mich ist das erste Kapitel, in dem sie versucht ihren Zwillingen zu helfen und alles probiert, um den nahenden Tod abzuwenden, somit auch das stärkste gewesen. Es gab zwar auch noch andere, die mir gut gefielen, aber in Punkto Emotionalität und Tiefe nicht an dieses heran kamen. 

Mathis greift in ihrem Buch das biblische Motiv der zwölf Stämme Israels und die religiöse Tradition der Afroamerikaner auf. Sie verleiht dem Buch einen epischen Charakter, der an Toni Morrison – mit der Mathis so gerne verglichen wird – denken lässt. Gut gefallen hat mir der Stammbaum am Endes des Buches, bei dem nochmal alle Namen und Jahreszahlen aufgelistet wurden.

Fazit

"Zwölf Leben" erzählt eine tragische Familiengeschichte mit all ihren Hoffnungen und Niederlagen. Keine leichte Lektüre, aber es lohnt sich, wenn man sich auf das Buch einlassen kann. Es wirkt nach und bleibt in Erinnerung.