Rezension

Erschreckend realistische Erzählung

Die Attentäter - Antonia Michaelis

Die Attentäter
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 5 Sternen

INHALT
Die Berliner Jugendlichen Cliff, Alain und Margarete stammen aus unterschiedlichen sozialen Schichten und sind doch Freunde. Als Cliff eines Tages das Dreigestirn für eine längere Reise verlässt, haben Alain und Margarete kein gutes Gefühl...

MEINUNG
Antonia Michaelis erzählt in ihrem Jugendroman "Die Attentäter" eine erschreckend realistische Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft. 

Die drei Freunde Alain, Margarete und Cliff werden in Berlin erwachsen und sind dabei oft sich selbst überlassen. Vor allem Cliff umgibt eine dunkle Aura. Sein Vater trinkt und seine Mutter lebt in Hamburg, um zu studieren. Emotionale Zuwendung erfährt er eher von seinen Freunden als von seinen Eltern. Damit ist er leichte Beute für radikale Gruppierungen, wie Rechte bzw. den IS, bei denen er nach dem Halt sucht, den er in seinem Elternhaus nicht findet. 
Der ruhige Alain ist wie Cliff ein Zeichentalent und stammt aus einem Künstlerhaushalt. Seine große Liebe ist Cliff. Die kluge Margarete erdet beide Freunde, wenn immer sie Kummer oder Sorgen haben. Margaretes Eltern sind im Gegensatz zu den Eltern der beiden Jungs ständig um ihre Tochter besorgt. Alle drei Figuren teilen sich die Rolle des Erzählers, was mich anfangs etwas aus dem Konzept gebracht hat, aber mit der Zeit die Spannung innerhalb des Plots steigerte. Die Innensicht der Drei ist geprägt von Zerrissenheit und Unsicherheit. Man funktioniert nur als Einheit. Erst Cliffs schleichende Radikalisierung sowie sein Übertritt zum Islam stellen eine harte Zäsur innerhalb der Freundschaft dar. Nur Alain, der in Cliff seinen dunklen Widerpart entdeckt zu haben scheint, kann Cliff nicht wegstoßen. Er verfolgt ihn bis zum Schluss, mit durchaus tragischem Ende.

Michaelis hat eine durchweg spannende Coming-of-Age-Geschichte geschrieben, die in der heutigen Zeit spielt. Brisante politische Themen, wie Flüchtlingeskrise, IS und Rechtsradikalismus, werden realistisch, ohne die bekannten Vorurteile dargeboten; was die spezielle Wirkung der Story noch verstärkt. Der Leser kann die Hilflosigkeit der einzelnen Charaktere bei Cliffs Abrutschen in dunkle Kreise nachspüren. Immer tiefer gerät der intelligente Junge in die Fänge des IS und erkennt dessen perfide Methoden bzw. gestörte Lebensauffassung viel zu spät. Als Leser fragt man sich dabei, wie es eigentlich dazu kommen konnte und wer schuld daran trägt. Es ist eine teuflische Mischung aus verschiedenen Gründen mit fatalen Folgen für alle handelnden Figuren (s. Titel).

Die emotionale sowie spannende Erzählweise entfacht beim Lesen eine gewisse Sogwirkung. Wie Cliff wird man als Leser immer stärker in die Geschichte hineingezogen und kann sich nur schwer seiner zerstörerischen Magie entziehen.

Das dunkle Cover ist ein wahrer Eyecatcher. Es vereint mehrere Bereiche der Story miteinander und wirkt gleichermaßen bedrohlich und anziehend. Die Verbindung aus Feuer (Majuskeln) und Engelsflügeln könnte kontrastreicher und bezeichnender nicht sein.

FAZIT
Ein sehr gut aufbereiteter Jugendroman, der das derzeitige angespannte Sozialklima in Deutschland authentisch widerspiegelt und dadurch beim Leser lange nachwirkt. Nicht nur für Jugendliche eine lohnenswerte Lektüre.