Rezension

Kunstvoll gezeichnete Charaktere und brisantes (leider) brandaktuelles Thema

Die Attentäter - Antonia Michaelis

Die Attentäter
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 5 Sternen

Das Buch „Die Attentäter“ von Antonia Michaelis begeistert durch kunstvoll gezeichnete, absolut authentische Charaktere und eine packende und mitreißende Geschichte. Es ist ein Jugendbuch – aber definitiv nicht nur für Jugendliche.

Zum Inhalt:

Alain zieht im Alter von 4 Jahren mit seinen Eltern aus Frankreich nach Berlin, wo er im gleichen Haus Cliff kennenlernt und beide Freunde werden. Die beiden können unterschiedlicher nicht sein. Wie Tag und Nacht, hell und dunkel oder Engel und Teufel. Zwischen ihnen steht die nur ein paar Monate ältere Margarethe. Sie wohnt ebenfalls in dem gleichen Haus.

Der Leser wird mitgenommen auf eine Reise durch die Jahre des Aufwachsens und lernt die beiden Jungen mit ihren Gefühlen und Emotionen intensiv kennen. Beide verbindet die Gabe hervorragen zeichnen zu können. Während Alain stets der „Gute“ ist, hat Cliff begründet u.a. durch die schwierige Trennung seiner Eltern immer wieder Schwierigkeiten und gerät in seinen Jugendjahren ein wenig auf die schiefe Bahn. Im Laufe der Jahre kommt es immer wieder zu Situationen und Begegnungen, in denen der eine dem anderen aus der Patsche hilf. Sie stehen auf unterschiedliche Art und Weise stets füreinander ein. Dazwischen – vielleicht auch darüber – steht Margarethe, die immer die Vernünftige und Bodenständige ist, die beide Jungen versteht und die immer für beide da ist.

Cliff konvertiert zum Islam und lässt sich hier radikalisieren. Schließlich schließt er sich den Kämpfern der IS an und kehrt nach Berlin zurück, um genau dort einen terroristischen Anschlag zu planen.

 

Mein Eindruck:

Antonia Michaelis gelingt es durch die verschiedenen Situationen und Ereignisse in der Jugend die Hauptfiguren exzellent zu beschreiben bzw. zum Leben, Denken und Fühlen zu erwecken. Unter anderem verwendet sie alle drei Charaktere die sehr eindringliche Ich-Perspektive und erlaubt dem Leser nicht nur einen tiefen Einblick in ihre so unterschiedlichen Wesen und Gedanken, sondern zwingt den Leser zu glauben, er wäre Teil dieser Geschichte und direkt – wie die Personen der Geschichte selbst – mit ihnen verbunden. Auch Margarethe begeistert, weil gerade sie es ist, die (fast) immer vernünftig und ist und die Bodenhaftung nicht verliert. Fast schwebt sie etwas über den beiden Jungen.

Die Beziehung der Charaktere ist faszinierend. Obwohl sie so unterschiedlich sind, verbinden magische Fäden von Beginn die noch kleinen Jungen miteinander und nichts wird diese Fäden über die Jahre zerreißen können. Immer wieder ziehen sie wie durch Magneten gesteuert an und es kommt wieder zu Situationen, an denen sie sich treffen und oft auch aneinander reiben. Auch über Zeit und Entfernungen sind sie immer verbunden.

Die Handlung rund um die Planung eines Attentates ist absolut realistisch beschrieben. Aber nicht nur das. Der Leser wird durch die Kenntnis des Lebenslaufes sofort klar, wie es möglich sein kann, dass Cliff vom IS überhaupt für ihre Sache gewonnen werden konnte. Darüber hinaus erfährt der Leser auch die Vorgehensweise des IS bei der Ausbildung und einen Einblick in ihrem Krieg. Die Attentatspläne werden noch realistischer, weil z.B. das Paris – Attentat als Beispiel oder Vorbild genannt wird und reale politische Hintergründe aus 2015 beschrieben werden. Umso mehr wird bei diesen fiktiven Plänen mitgefürchtet.

Im Mittelpunkt stehen aber definitiv die Charaktere, ihre Gedanken und Gefühle, ihre Beziehungen untereinander und ihren Problemen.  

Das Buch ist als Jugendbuch herausgekommen mit einer Altersempfehlung ab 16 Jahre, die auch vollkommen in Ordnung geht. Ich muss aber ganz klar sagen, dass nicht nur Jugendliche etwas mit diesem Buch anfangen können. Mich persönlich hat die Geschichte absolut erreicht und begeistert, obwohl ich ein Alter habe, das den Zenit von Jugendlichkeit schon sehr weit überschritten hat.

Fazit:

Eine geniale und genial geschriebene Geschichte mit absolut glaubwürdigen und authentischen Charakteren, an die man auch nach dem Zuklappen des Buches noch häufiger denken wird. Es verdient durchaus einen Ehrenplatz im Bücherregal und natürlich eine bestmögliche Bewertung.