Rezension

Fantasy-Dystopie mit facettenreichen Charakteren und durchweg spannender Handlung

Die Königin der Schatten
von Erika Johansen

Bewertet mit 5 Sternen

Kelsea lebt verborgen im Wald und wird darauf vorbereitet, eines Tages das Land zu regieren. Doch als sie an ihrem 19. Geburtstag von der Garde der Königin abgeholt wird, ahnt sie nicht, wie schlecht es um ihr Königreich Tearling bestellt ist und welch grausamen Pakt ihre Mutter einst geschlossen hat. Und so stellt sich die junge Frau der Herausforderung und schwebt dabei in dauernder Gefahr. Denn auch andere streben nach Macht...

Das Buch ist mit seinen 500 Seiten etwas umfangreicher, konnte mich aber von der ersten bis zur letzten Seite absolut fesseln.
Kelsea ist eine sehr facettenreiche Person. Sie wurde im Wald aufgezogen, fern ab jeder Zivilisation. Sie hatte nie Spielgefährten oder Freunde, nur ihre Zieheltern, die sie unterrichtet haben, um sie auf ihre künftige Aufgabe vorzubereiten. Aber sie haben Kelsea über vieles im Unklaren gelassen, besonders was die Regierungszeit ihrer Mutter betrifft, sodass die junge Königin etliche – nicht immer positive – Überraschungen erlebt. Sie findet sich schnell in ihre neue Rolle ein und strebt große Veränderungen an, auch wenn sie dafür schwierige Konsequenzen tragen muss. Hin und wieder muss sie sich zwingen, die Form zu wahren und ihre Untertanen distanziert zu behandeln, obwohl sie ein persönlicheres Verhältnis bevorzugen würde, was sie sehr sympathisch macht. Und dann gibt es auch wieder Momente, in denen der trotzige Teenager durch kommt, der in seinem Leben auf viel verzichten musste. Es macht Spaß, Kelseas Entwicklung zu verfolgen und mit ihr gemeinsam das Reich kennenzulernen.

Besonders spannend finde ich nämlich das Land an sich. Tearling ist einer von drei Staaten des Neuen Europas. Es gibt keine Hinweise, ob die Geschichte in der Zukunft spielt oder in der Gegenwart die Überfahrt gewagt wurde, die ein neues, besseres Leben bringen sollte. Aber es gibt immer wieder Hinweise auf existierende Begebenheiten– zum Beispiel bestimmte Bücher oder technische Gerätschaften, die allerdings während der Überfahrt verloren gingen.
Ich hoffe sehr, dass in der Fortsetzung die genauen, vor allem zeitlichem, Umstände der Gründung dieser Länder erläutert werden.
Die Kombination aus mittelalterlichem Setting und Fantasyelementen erinnert eher an einen High-Fantasyroman. In Verbindung mit den dystopischen Einschlägen, ergibt sich eine sehr reizvolle Mischung, die mich komplett in ihren Bann ziehen konnte.

Die Geschichte ist von Beginn an spannend. Die Thronfolgerin ist vielen Gefahren ausgesetzt. Schon der Weg von ihrem Versteck zum Palast gestaltet sich als sehr schwierig. Kelsea erlebt viele Abenteuer, muss Gefahren überstehen und wichtige Entscheidungen treffen. Wie es sich gehört, gibt es natürlich auch etliche Intrigen und Machtspielchen, wobei nicht immer klar ist, wie viele Personen daran beteiligt sind. Wem kann Kelsea trauen? So gibt es einige unerwartete Ereignisse und überraschende Wendungen, wobei am Schluss noch einige Fragen offen bleiben.

Mein einziger Kritikpunkt sind die Fantasyelemente. Die Magie sorgt leider an einigen Stellen dafür, dass Konflikte etwas arg einfach gelöst werden können. Diese hätte es für mich eigentlich gar nicht gebraucht, die Handling ist auch ohne Übernatürliches total spannend.
Allerdings ist der Ursprung dieser Magie noch ungeklärt und ich hoffe auch hierfür auf Antworten in der Fortsetzung, die diese etwas besser einbinden.

Spannende Geschichte mit sehr vielfältigen, facettenreichen Figuren. Die Handlung konnte mich von Beginn an fesseln, war wenig vorhersehbar und lässt noch viel Raum für Spekulationen. Ich freue mich auf die Fortsetzung!