Rezension

Unreflektiertes Krach-Bumm-Peng

Vergeltung - Don Winslow

Vergeltung
von Don Winslow

Nachdem ich das neue Buch von Don Winslow gelesen habe, frage ich mich, warum die Erstveröffentlichung dieses Thrillers in Deutschland erfolgte und nicht im Heimatland des Autors. Sind wir der Testmarkt für die neue Richtung, die er mit "Vergeltung" eingeschlagen hat? Leider hat auch Denis Scheck in dem Druckfrisch-Interview mit Mr Winslow es versäumt, diese Frage zu stellen.

Ich war schon einigermaßen erstaunt, nachdem ich die ersten einhundert Seiten von "Vergeltung" gelesen hatte - nichts zu sehen von dem Autor, der "Die Tage der Toten" und "Die Sprache des Feuers" schrieb, beides Bücher, die ich ungemein schätze. Keine dem Thema angemessenen kritischen Seitenhiebe Richtung Waffenlobby und Politik. Stattdessen die übliche eindimensionale Schwarz-Weiß-Malerei, wie wir sie aus Nachrichtensendungen des amerikanischen Fernsehens gewohnt sind, gepaart mit dem Waffenfetischismus von kleinen Buben und einer Story, die jedem dümmlichen Krach-Bumm-Peng-Actionfilm zur Ehre gereicht.

Die Geschichte an sich ist schnell erzählt: Frau und Kind des ehemaligen Elite-Soldaten Dave Collins kommen bei einem Flugzeugabsturz ums Leben, der mittels einer Rakete von islamistischen Terroristen verursacht wird. Die Regierung vertuscht den Anschlag, womit sich Collins nicht zufrieden gibt, denn er will den Tod seiner Familie rächen. Zu diesem Zweck heuert er eine Söldnertruppe an und macht mit ihnen Jagd auf die Verursacher des Anschlags.

So weit, so schlecht, denn diese dünne Story bläht Don Winslow mit seitenweisen Waffen-, Munitions- und Bombenbeschreibungen auf nahezu fünfhundert Seiten auf. Dazu jede Menge Gemetzel, Korps-Geist und edle Helden sowie auf der anderen Seite die fanatischen Terroristen, an denen der Autor kein gutes Haar lässt - kaum ein Klischee, das ausgelassen wird, für das er aber mit Sicherheit jede Menge Lob in seinem Heimatland einheimsen wird.

"Vergeltung" unterscheidet sich leider in keinster Weise von den Politthrillern der "Kalten Krieger", die beispielsweise unter dem Namen Tom Clancy veröffentlichen. Schade, denn gerade von Don Winslow hätte ich mir einen differenzierteren Umgang mit der Materie erwartet.