Rezension

Absolut lesenswert!

Deutsches Haus - Annette Hess

Deutsches Haus
von Annette Hess

Vorweg: Dieser Roman hat mich sehr bewegt!

Annette Hess schildert in "Deutsches Haus" den Prozessablauf des ersten Auschwitz-Prozesses im Jahre 1963 in Frankfurt. Dabei gelingt es ihr über die Protagonistin, die als Übersetzerin im Prozess fungiert, den Opfern eine  eindringliche, unvergessliche Stimme zu geben. Zudem stellt sie sehr  gekonnt die Persönlichkeitsentwicklungen der Figuren dar, die sich im Laufe des Prozesses vollziehen.

Die junge Eva Bruhns nimmt entgegen dem Willen ihrer Familie und ihres Verlobten, die Übersetzungstätigkeit im Prozess gegen die Kriegsverbrecher von Auschwitz an. Eva, die zuvor nie von Auschwitz gehört hatte, berühren die Schicksale der Opfer und die die zur Schau gestellte Ignoranz und Untätigkeit der Täter- und Mitwisser zutiefst (... "Was haben Vati und Mutti denn gemacht?" Eva antwortete: "Nichts." Wie sollte sie ihrem Bruder erklären, wie richtig diese Antwort war?).

Die charakterliche Entwicklung, die die Protagonistin dabei durchläuft - von der naiven Unwissenden zur selbstbestimmten, lebenserfahren wirkenden Frau - ist in beeindruckender Weise dargestellt.
Die Nebenfiguren und deren Motive sind stark herausgearbeitet. Jede Figur weckt Emotionen, jede Figur hat besondere charakterliche Eigenarten, Geheimnisse, Schwächen.

Die Frage, warum die Eltern, die ältere Schwester und ihr Verlobter 
gegen Evas Beteiligung am Prozess sind, wird im Laufe der Geschichte klar. Die Konflikte der Figuren werden nach und nach immer deutlicher.

Für mich ein besonderer Roman. Durch den Schreibstil der Autorin werden Emotionalität und Sachlichkeit in bemerkenswerter Art und Weise miteinander vereinigt. Auf sehr eindrückliche Weise wird Spannung aufbaut und gehalten. Ich konnte das Buch nicht aus den Händen legen.

Auch, für denjenigen, der sich mit der Deutschen Geschichte hinreichend vertraut wähnt, ein absolut lesenswerter Roman, der mitreißt und nachdenklich zurücklässt.