Rezension

Deutsche Geschichte, verpackt als Roman

Deutsches Haus - Annette Hess

Deutsches Haus
von Annette Hess

Bewertet mit 3.5 Sternen

"Deutsches Haus" ist der Debütroman von Annette Hess, die durch ihre Drehbücher für die Serien "Weissensee", "Ku'damm 56" und "Ku'damm 59" Bekanntheit erlangt hat. Das Buch befasst sich mit dem ersten Auschwitz-Prozess 1963 in Frankfurt und damit, wie weite Teile der Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt die Verbrechen während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verdrängen. Eva Bruhns, Ende 20 und frisch verlobt mit einem erfolgreichen Unternehmer, wird als Dolmetscherin für Polnisch zum Prozess hinzugezogen. Über ihre Ansichten und die ihrer Familie wird das Ausmaß der Verdrängung erschreckend deutlich - Evas Mutter spricht von Tippfehlern, wenn in der Zeitung von über einer Millionen Toten die Rede ist und auch der Rest der Familie möchte lieber "Gras über die Sache" wachsen lassen.

Annette Hess verknüpft im Laufe der Erzählung die historischen Ereignisse rund um den Prozess mit der persönlichen Geschichte der Familie Bruhns und anderer Personen, was sich aber nur teilweise als gelungene Idee herausstellt. Die Verbindung von Evas Familiengeschichte mit Auschwitz wirkt sehr konstruiert, gekünstelt und zu viel des Zufalls. Andere Nebenhandlungen, darunter die über Evas Schwester und des Anwalts David Miller, lenken eher ab, als dass sie zum Thema beitragen und passen teilweise überhaupt nicht dazu.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass historische Figuren nicht beim Namen genannt, sondern stets nur umschrieben werden, beispielsweise mit "der Generalstaatsanwalt" oder "der Hellblonde". Dadurch entsteht der irritierende Eindruck, dass Eva ihnen entweder nie vorgestellt wird oder sich nicht einmal ihre Namen merken kann.

Der Schreibstil ist eher schlicht, dabei aber flüssig zu lesen. In der Ausdrucksweise der Personen steckt viel Zeitkolorit.

Insgesamt ist "Deutsches Haus" ein gut zu lesender Roman, der seinem wichtigen Thema aber nicht ganz gerecht wird.