Rezension

Bankenskandal in der Schweiz

Montecristo - Martin Suter

Montecristo
von Martin Suter

Bewertet mit 4 Sternen

Martin Suter kann großes Kino. Und er kennt die richtigen Zutaten dafür.
 

Da ist zum einen der weitgehend sympathische, weitgehend integere, ehrgeizige, aber auch leicht chaotische Journalist Jonas Brand.  
Da ist das ungeheure Geschehen, in das der Protagonist  eher zufällig verstrickt wird, hier sind es sogar derer zwei, einmal ein "Personenschaden" auf einer Zugfahrt, den er unmittelbar mitverfolgt, an dessen suizidaler Absicht schon bald Zweifel aufkommen, und zum anderen zwei Banknoten, die sich in seinem Besitz befinden und die die gleiche Seriennummer aufweisen, ein Ding der Unmöglichkeit. 
Jonas eigentlich Videojournalist hauptsächlich für ein Boulevardmagazin recherchiert ein wenig und stellt bald fest, dass beide Dinge irgendwie miteinander zu tun haben und dass offensichtlich noch viel mehr dahinter steckt. 
Hier kommen noch zwei typische Zutaten für den klassischen Krimiplot hinzu, und zwar der leicht verschrobene, eifrig ermittelnde Freund, der sich dadurch in Gefahr begibt und natürlich eine Frau, Marke Bondgirl, wunderschön, rätselhaft-undurchschaubar, taff und extrem hingebungsvoll. 
Dass sich das Ganze zu einer weitreichenden Verschwörung im Banken- und Politikermilieu ausweitet und Jonas in Lebensgefahr gerät bevor er mit einem Filmprojekt, lange erträumt und genauso lang bisher nicht finanzierbar, ruhig gestellt wird, passt perfekt. 
Ein Skandal, zu groß als dass er aufgedeckt werden dürfte, so ungeheuer, dass er nicht nur einzelne Personen oder Gruppen, noch nicht einmal nur einzelne Institutionen bedrohen würde, sondern ganze Staaten und letztlich unsere westliche Wirtschaftsordnung. 

Martin Suter schafft mit diesen Zutaten einen nicht sehr außergewöhnlichen, aber gut konstruierten und rasant und spannend erzählten Krimi, der gute Unterhaltung garantiert. 
Darüber hinaus packt er ein brisantes Thema intelligent und kritisch an. Die Dimensionen, in denen sich manche Finanz- und Bankgeschäfte bewegen, lässt den Leser schwindeln. Die Frage von Moral, von Möglichkeit und Sinnhaftigkeit von moralischem Handeln in diesem Zusammenhang wird gestellt. 
Und Martin Suter hat dafür gut recherchiert. 
Allein zum Schluss überdreht er das ganze Verschwörungsszenario dann doch und verharmlost damit die eigene Kritik. 
Denn die Tatsache, dass man dem Buch bis dahin so gespannt und überzeugt gefolgt ist, ist nicht nur Suters Schreibkünsten zu verdanken, sondern sollte eigentlich allen verantwortlichen Bankern und Politikern die Schamesröte ins Gesicht treiben.