Rezension

Durchaus denkbares Szenario

Institut für gute Mütter -

Institut für gute Mütter
von Jessamine Chan

Bewertet mit 4 Sternen

Über die Autorin:

Jessamine Chan studierte an der Columbia University und arbeitete bei PublishersWeekly. Ihre Kurzgeschichten erschienen in Tin House und Epoch. 2017 erhielt sie das Literaturstipendium der Elizabeth George Foundation für die Fertigstellung ihres Debütromans, der in den USA für über eine Million Dollar verkauft wurde. 2022 erschien er bei Simon & Schuster. Chan lebt mit ihrer Familie in Chicago.

Kurzbeschreibung:

Frida ist überfordert: Ihr Baby Harriet schreit und schreit und alles, wonach sich die alleinerziehende Mutter sehnt, ist eine halbe Stunde Ruhe und etwas Zeit für sich. Als sie das kleine Mädchen für eine Stunde unbeaufsichtigt zu Hause lässt, ruft ein Nachbar die Polizei. Was dann folgt, ist der Albtraum einer jeden Mutter: Frida verliert das Sorgerecht und wird in eine Besserungsanstalt gesteckt. Im Institut für gute Mütter soll sie mithilfe einer KI-Puppe lernen, was es heißt, eine gute Mutter zu sein. Ein Jahr totaler Überwachung, Strafen und unmenschlicher Lektionen nimmt seinen Lauf.

Meine Gedanken zu dem Roman:

Die Verkaufszahlen für diesen Roman in den USA sind beachtlich. Vermutlich liegt es daran, dass das Thema durchaus mit den Situationen und Empfindungen der Gegenwart verknüpft werden kann, auch wenn dies hier eine fiktionale Geschichte ist.

Die Hauptprotagonistin dieses Romans ist eine alleinerziehende Mutter, die sich vor Kurzem von ihrem Mann getrennt hat. Beide haben das Sorgerecht für die kleine Tochter. Doch die Aufgaben verteilen sich nicht gleich, um finanziell durchzukommen, muss Frida, die Mutter des Kindes, arbeiten. Außerdem hat sie den Haushalt zu führen, und das Kind großzuziehen. Kommt sicherlich vielen Müttern bekannt. Ganz im Stress, unendlicher Erschöpfung und Überforderung lässt Frida das kleine Mädchen allein zu Hause, für ganze zwei Stunden. Dies wird von den Nachbarn an die entsprechende Behörde weitergeleitet, und schon befindet sich Frida mit anderen Eltern, die Fehler gemacht haben, in einer Umerziehungsanstalt. Eltern, die sich Fehltritte geleistet haben, müssen hier an KI-Puppen, das richtige Handeln erlernen.

Diese Geschichte eignet sich hervorragend für Lesekreise oder gemeinsames Lesen im Bücherclub, denn die Palette an Gefühlen und Gedanken, die der Roman hervorruft, ist groß: Wut, Hilflosigkeit, Angst von der gläsernen Gesellschaft, Bevormundung seitens der Regierung, Einschränkung von Rechten, Angst zu versagen und und und... Wie weit darf die Regierung gehen, was ist moralisch richtig, was falsch? Über diesen Roman könnte man endlos diskutieren, denn ich bin mir sicher, dass alle Leser die prekäre Situation von der Hauptprotagonistin unterschiedlich bewerten.

Die Geschichte wird von Frida in der dritten Person erzählt. Was ich persönlich immer distanzierter und emotionsloser empfinde, als in der ersten Person. Außerdem fand ich, dass die Geschichte etwas länger brauchte, um in Fahrt zu kommen. Dennoch empfinde ich den Roman absolut als lesenswert. Und am besten in einer Gruppe, um die vielen Gedanken auch gleich besprechen zu können. Von mir gibt es gute 4 Sterne.