Rezension

Ein wahnsinnig realistisches Buch! Absolute Leseempfehlung!

Institut für gute Mütter -

Institut für gute Mütter
von Jessamine Chan

Bewertet mit 5 Sternen

!ein Lesehighlight 2023!

 

Klappentext:

„Bin ich eine schlechte Mutter?

 

Frida ist überfordert: Ihr Baby Harriet schreit und schreit und alles, wonach sich die alleinerziehende Mutter sehnt, ist eine halbe Stunde Ruhe und etwas Zeit für sich. Als sie das kleine Mädchen für eine Stunde unbeaufsichtigt zu Hause lässt, ruft ein Nachbar die Polizei. Was dann folgt, ist der Albtraum einer jeden Mutter: Frida verliert das Sorgerecht und wird in eine Besserungsanstalt gesteckt. Im Institut für gute Mütter soll sie mithilfe einer KI-Puppe lernen, was es heißt, eine gute Mutter zu sein. Ein Jahr totaler Überwachung, Strafen und unmenschlicher Lektionen nimmt seinen Lauf.“

 

Ein Institut für gute Mütter…es gibt sicherlich Staaten auf diesem Planeten die dis befürworten würden. Sie halten das für abwegig? Dann lesen Sie Jessamine Chan mit ihrem wahnsinnigen Buch „Institut für gute Mütter“! Ja, das Buch ist erschreckend auf der einen Seite aber schlussendlich ist alles gar nicht soweit hergeholt wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht und vielleicht auch schon ein paar Jahre Lebenserfahrung hat. 

Erstmal zur Geschichte an sich: Die Geschichte rund um Frida und ihrem Kind wird eine jede Mutter wieder erkennen. Es gibt einfach Tage, die einen fordern weil nichts richtig gelingen will. Das Kind quengelt, die Arbeit macht Druck, zu Hause bleibt alles liegen und dennoch will man für alles und jeden ausgeglichen und voll da sein. Klappt nur nicht immer! Bei Frida klappt es ein Mal überhaupt nicht und sie landet genau dort, wo der Buchtitel uns bereits darauf aufmerksam gemacht hat. Ihr Kind wird ihr entzogen, das Sorgerecht ist weg und Frida muss in Therapie. Sie ist keine gute Mutter! Und das alles nur, weil der Nachbar alles mitbekommen hat! Hat sie doch vermeintlich nichts schlimmes getan als lediglich ihr Kind für eine Stunde allein gelassen! Alleine hier werden sich die Geister streiten. Aufsichtspflicht ist das eine aber was wenn die eigenen Nerven kurz vorm zerbersten sind? In der Besserungsanstalt soll Frida das „richtige“ und „liebevolle“ Bild einer Mutter vermittelt werden. Diese Anstalt ist pure Folter und nicht nur deswegen weil ihre Sehnsucht nach ihrem Kind so groß ist, sondern weil die Methoden mehr als menschenunwürdig sind. Zumal: Wer gibt das Maß einer guten Mutter vor? Wer erlaubt sich diese Liebe in einer Art Maß zu bestimmen? Wenn einer aus der Reihe tanzt, wird er dazu gebracht wieder dorthin zu gehen und ins Bild passen zu müssen. Sie denken, die Geschichte ist völliger Stuss und sie ist völlig unrealistisch? Da liegen Sie komplett falsch! Zu DDR-Zeiten wurden Nicht-Linientreuen Bürgern die Kinder regelrecht gestohlen! Sie kamen in Heime oder bei älteren Kindern in Umerziehungslager (Jugendwerkhöfe) oder wurden zur Adoption freigegeben und viele von ihnen blieben regelrecht spurlos verschwunden! Oder ein mehr als aktuelles (März 2023) Beispiel und sehr passend zum Buch: in Russland malt ein Mädchen ein Antikriegsbild und was ist die Konsequenz? Der Vater des Mädchens verliert das Sorgerecht für seine Tochter und das Mädchen muss ins Heim! Aktueller geht also das Buch „Institut für gute Mütter“ nicht! Egal ob Vater oder Mutter - Chans Geschichte mag skurril und wahnsinnig wirken auf den ersten Blick, spricht sie aber Themen an, die die Menschen gern ausblenden. Ihr Schreibstil ist unheimlich kühl und darüber war ich sehr dankbar. Es wäre nicht gut gewesen wenn wir Leser nah an Frida heran geführt würden. Diese Distanz ist perfekt um alles so neutral wie möglich zu betrachten. Sicherlich war es nicht richtig das Frida ihr Kind Harriet allein gelassen hat aber ist sie deshalb gleich unfähig ein Kind, ihr Kind, groß zu ziehen? Die Anstalt wirkt mehr als grausam und es ist mehr als eine Strafe die Frida dort erfährt. Die KI-Puppen wirken wie von einem anderen Planeten doch ist die heutige Technik mittlerweile fähig solche Geschöpfe auf die Menschheit loszulassen. Ist das alles zu weit hergeholt von der Autorin? Ich finde überhaupt nicht! Wer sich ein wenig mit der KI-Thematik befasst wird hier erschreckende Informationen vorfinden und merken, die Zeiten von Star Trek und Co. werden langsam aber sicher real. Einerseits mahnt Chan mit ihrer Erzählung was eben das Thema Fürsorge betrifft aber sie hält auch der Menschheit einen Spiegel vor und zeigt auf, die nahende Technik kann grausam sein die wir Menschen schlussendlich erfunden haben bzw. werden! Sie ist dabei immer wieder zwar klar und pragmatisch in ihrem Erzählstil aber dennoch auch philosophisch und leider trifft sie die Sache im Kern! Wer maßt sich an über einen andern Menschen zu urteilen wenn er gar nicht zu 100% weiß was überhaupt der Fall war? Nur durch Vermutungen oder Beobachtungen wurde dieser Stein bei Frida ins Rollen gebracht weil der „aufmerksame“ Nachbar etwas bemerkt hat! Wo wird das noch enden? Unsere heutige Zeit tendiert genau in diese Richtung und es liegt an jedem von uns selbst entweder diesem Strom zu folgen oder einen anderen Weg einzuschlagen! Chan hat ein wahres und auch wahnsinniges Buch auf den Markt gebracht welches mehr als unter die Haut geht und eine Story erzählt die definitiv nicht an den Haaren herbeigezogen ist! Das Buch erhält von mir 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung!