Rezension

Lesenswert und spannend. Ein dystopische Gesellschaftskritik!

Institut für gute Mütter -

Institut für gute Mütter
von Jessamine Chan

Bewertet mit 5 Sternen

Habt ihr Kinder?

Würdet ihr sagen, ihr seid ein gutes Elternteil?

Das bestimmt. Aber seid ihr immer perfekt und macht nie Fehler?

Frida ist die Mutter von Harriet und macht einen Fehler. Sie lässt ihre einjährige Tochter für zwei Stunden alleine in der Wohnung zurück, weil sie nach einer schlaflosen Nacht nicht mehr klar denken kann. Ein Nachbar wird auf das schreiende Kind aufmerksam und die Polizei wird eingeschaltet.

Wir befinden uns in Amerika in einer fiktive Zukunft (oder der Gegenwart?), in der der Kinderschutz neue Dimensionen angenommen hat.

Und so findet sich Frida plötzlich in einem Albtraum wieder: Ihr wird wegen Vernachlässigung und Aussetzung ihrer Tochter der Prozess gemacht, dem eine Evaluierung ihres Verhaltens per permanenter Videoüberwachung vorausgeht.

Doch Fridas Abweichung vom perfekten Mutterbild ist zu groß und sie verliert das Sorgerecht an ihren Ex-Mann. Die einzige Möglichkeit, die Vormundschaft für Harriet wiederzuerlangen ist ein einjähriger Besuch des Instituts für gute Mütter…

Hier sollen die Frauen lernen, wahre, gute Mütter zu werden.

Denn eine gute Mutter stellt immer ihr Kind an erster Stelle.

Eine gute Mutter weiß was ihr Kind braucht.

Eine gute Mutter kann die Schmerzen ihres Kindes durch ihre Liebe heilen.

Eine gute Mutter opfert sich für ihr Kind auf.

Und eine gute Mutter kann alles schaffen, wenn sie ihr Kind wirklich liebt.

Dieses Institut…ist wie ein wahr gewordener Alptraum meiner eigenen Ängste! Chan entwirft in ihrem Roman eine Gesellschaft, in der das Mutterbild derart übersteigert ist, dass es entmenschlicht ist. Das Mütter nicht mehr als Menschen sieht, sondern als Care- und Liebesroboter und vor allem immer perfekt!

Ich empfinden den Roman und die darin enthaltene Gesellschaftskritik als brandaktuell und trotz der Überzeichnung als äußerst treffend und beängstigend. Chan zeigt in ihrem Roman, wie fest manifestiert ein gewisses Mutterbild in unseren Köpfen und in der Gesellschaft sein kann und welche perversen Konsequenzen daraus resultieren können.

Neben dem permanenten leichten Trigger, den das Lesen bei mir verursacht, ist der Roman auch noch gute Unterhaltung. Chan schreibt fesselnd und ich folge der Geschichte immer mit einer Mischung aus Spannung und Unbehagen.

Für mich ein wirklich großartiges Leseerlebnis, das neben der Unterhaltung zeitgemäße und wichtige Gesellschaftskritik bietet!