Rezension

Henny und Toni- zwei Schwestern auf der Suche nach dem Glück

Die Töchter der Ärztin -

Die Töchter der Ärztin
von Helene Sommerfeld

Bewertet mit 4 Sternen

Nachdem mir die Ärztin-Reihe um Ricarda Thomasius schon so gut gefallen hat, wollte ich natürlich auch gerne wissen, was ihre beiden Töchter Henny und Antonia (Toni) so machen. Beide grundverschieden. Henny als Onkologin tätig, zielstrebig und geradlinig, teilweise etwas steif wirkend, der es schwerfällt, Emotionen zu zeigen und Toni, die ihrem Freiheitsdrang nachgibt, weil sie unbedingt an den Ort ihrer Kindheit zurückkehren möchte, um Erinnerungen aufzufrischen. Sie ist ein Wirbelwind, braucht die Herausforderung, ist selbstbewusst, mutig und kämpft für ihre Ziele, die sie auch sehr direkt mitteilt.
Die Geschichte schwenkt zwischen Berlin und Afrika, so dass man abwechselnd das doch ziemlich bewegte Leben der beiden Halbgeschwister miterleben kann. So fand ich es toll, dass man auch Ricarda und Siegfrieds Lebensabend weiterverfolgen konnte, ihre Sorgen um ihre Verwandtschaft, besonders der Nichten und Neffen und ihrer Skandale. Berlin erlebt gerade einen Umschwung. Einiges, was immer noch verpönt ist und nicht an die Öffentlichkeit darf. Anderes, was gerade die jüngere Generation eher frei auslebt, um aus diesen festen Regeln und Einschränkungen auszubrechen, immer mit einem Schrei nach Aufmerksamkeit und Liebe.
Toni dagegen muss sich auf ein Afrika einstellen, dass zwar durch all die Schönheit und beeindruckende Landschaft besticht, aber auch viele Tücken und Herausforderungen birgt. Kein einfaches Leben, wenn es immer noch Rassenunterschiede gibt, die Frauen immer noch darum kämpfen müssen, als gleichberechtigt angesehen zu werden und Klima und Krankheiten auch ihren Teil dazu beitragen, als Ärztin zu kämpfen. Vorurteile, Neid, Intrigen, Heimweh und eine Liebe, die anders verläuft als erhofft.
Gerade Tonis Geschichte hat mir noch mehr gefallen, war sehr abwechslungsreich und unterhaltsam, während der Part in Berlin mir ab und zu etwas zu langatmig und wiederholend erschien. Gerade was die Familie Freystetten betraf, so fand ich etliche der Familienmitglieder extrem narzisstisch, selbstverliebt und fernab der Realität. Natürlich ist es in den höheren Kreisen so üblich, wirkte aber teilweise etwas zu viel.
Ich durfte das Buch parallel auch als Hörbuch genießen und fand die Präsentation durch Tanja Fornaro ausgesprochen gut. Sie schafft es, die Stimmung toll in Szene zu setzen, die unterschiedlichen Menschen authentisch wirken zu lassen, die Spannung zu steigern, Gefühle gut zu transportieren und so für gute Unterhaltung zu sorgen.
Das Cover mit den beiden Geschwistern ist passend gewählt, besonders wegen der Hauptperson Toni und ihrer Arbeit in Afrika. Aber auch, weil die Personen selbst, wie beschrieben, genauso dargestellt werden.
Der Titel passt auf so viele verschiedene Familienmitglieder, die sich alle auf ihre eigene Art nach Dingen sehnen - die große Liebe, dem Wunsch nach Anerkennung, Verständnis, familiärer Rücksichtnahme, Neuanfängen, beruflicher Erfolge und der Hoffnung auf ein richtiges Zuhause. Das wurde interessant, lebendig und ausdrucksstark verpackt.