Rezension

Ida schwimmt sich frei

Windstärke 17 -

Windstärke 17
von Caroline Wahl

Bewertet mit 5 Sternen

Ida, die jüngere Schwester von Tilda aus „22 Bahnen“, lässt das Kleinstadt-Schwimmbad als Symbol ihrer gemeinsamen Kindheit hinter sich. Den doch überraschenden Tod ihrer alkoholkranken Mutter hat sie längst nicht verarbeitet, ihr Literaturstudium schleifen lassen. 10 Jahre sind vergangen, seit Tilda zur Promotion nach Hamburg ging; sie hat inzwischen Professur, Mann und Zwillinge. An der Distanz zu Tildas Bemutterung muss die kleine Schwester noch immer arbeiten; Ida will keine Fragen, keine Ratschläge, kein Geld von Tilda. Der am Gleis wartende Zug nach Stralsund scheint in dieser Situation direkt auf Ida gewartet zu haben. Als Schwimmerin könnte sie auf Rügen gleich bei den Lebensrettern einsteigen und im Meer ihre wütende Trauer auspowern. Auch  Knut, der Kneipenwirt, und seine Frau Marianne scheinen geradezu auf eine Gasttochter gewartet zu haben.  Marianne, die selbst viel zu erzählen hat, macht alles richtig: keine Ratschläge, keine Kritik für eine Besucherin, die jünger ist als ihre eigenen Kinder. Noch immer vergeht für Ida kein Tag ohne Alpträume und Schuldgefühle – und dann ist da Leif, der mit ihr offenbar eine Perle findet. Ida hat seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr geschrieben, eine  erneute Bewerbung am Literaturinstitut bisher aufgeschoben. Während sich auf See ein Jahrhundertsturm aufbaut, realisiert Ida, dass sie nicht die Einzige ist, die lernen muss loszulassen.

Fazit

In Caroline Wahls unabhängig von ihrem Debüt zu lesenden Roman über die 20-jährige Ida geht es in unverwechselbarem Sound um Schuld, Trauer, Tod, Krankheit und die Chance eines Neuanfangs.