Rezension

Interessante Betrachtung der Nazizeit und eine Geschichte über Liebe und Schuld!

Der Vorleser
von Bernhard Schlink

Ergreifende Darstellung von Schuld im Dritten Reich

Bernhard Schlink thematisiert in seinem Roman die Schuld im Nationalsozialismus, Verrat und Fragen der Moral, aber auch die Sehnsucht, die Liebe und die Nähe zu einem geliebten Menschen.

Er versteht es wunderbar, die Situation und die Gefühle der beiden unterschiedlichen Menschen so nah in Worte zu fassen, dass diese ungleiche Beziehung als selbstverständlich angesehen wird. Dennoch fragt man sich beim Lesen nach der moralischen Berechtigung dieser Liebe.

Neben der Beziehungsgeschichte behandelt Schlink die Aufarbeitung der Nazi-Zeit im 2. Weltkrieg. Was haben die Menschen bewusst gemacht, welche Beweggründe hatten sie, andere Menschen in den Tod zu schicken?
Diese Fragen bewegen auch den Leser, man beginnt sich eigene Gedanken zu machen und schweift gedanklich ab. 
Ein weiterer Höhepunkt des Romans ist das Geheimnis Hannas, das Michael während des Prozesses erkennt, es ist ihr Analphabetismus. Doch um dieses Geheimnis zu wahren, gesteht sie im Gerichtsverfahren ihre Schuld.
Diese Reaktion hat mich am Roman gestört, ich kann auch nicht nachvollziehen, wieso Michael nicht über seinen Schatten gesprungen ist, um ihr zu helfen.
 
 
Der Vorleser ist eine außergewöhnliche Lektüre und beschäftigt sich mit vielen Themen, die den Leser gefangen nehmen, aber auch gedanklich abschweifen lassen. Es ist ein Buch, dass mit Gefühlen spielt und den Leser zweifeln lässt an der Liebe und an der Schuld des Einzelnen im Nationalsozialismus.