Rezension

Melancholie mit Wohlfühlfaktor

Kostbare Tage
von Kent Haruf

Bewertet mit 5 Sternen

Mitten in der tiefsten Provinz Amerikas, in der Kleinstadt Holt, verbringt der schwerkranke Dad Lewis seinen letzten Sommer. Obwohl die Gegend für einen Außenstehenden abgehängt und trostlos wirkt, wohnt Dad Lewis schon sein ganzes Leben dort. Seine Kinder, Lorraine und Frank, sind in Holt aufgewachsen.

Um die letzten Wochen, die ihrem Vater noch bleiben, gemeinsam zu verbringen, kehrt Lorraine aus der Großstadt nach Hause zurück.

Die Hauptfigur liegt im Sterben und muss noch reinen Tisch machen.  Auch die anderen Figuren haben schwerwiegende Herausforderungen im Leben zu bewältigen. Da ist die kleine Alice, die bei ihrer Großmutter wohnt, weil sie ihre Mutter an den Krebs verloren hat. Es gibt die einsamen Johnson-Frauen und den neue Reverend Lyle, der für diese Gegend etwas zu aufgeschlossen ist. Wahrscheinlich mochte ich „Kostbare Tage“ gerade wegen dieser bedrückenden Schicksale. Die Art, wie die Charaktere damit umgehen, hat mich beeindruckt. Da ist kein Jammern über die eigenen Unzulänglichkeiten oder unzufriedenes Lamentieren, sondern ganz selbstverständlich gegenseitige, nachbarschaftliche Unterstützung. Jeder hat seinen Platz, gleicht eine Lücke beim Anderen aus. 

Mit seinem Zeichnen des einfachen, provinziellen Lebens, schafft Kent Haruf eine unvergleichliche Wohlfühlatmosphäre. Trotz des nahenden Todes und der alles umgebenden Melancholie erlebt der Leser mit den Figuren ganz wunderbare Momente. Dabei ist er zu keinem Zeitpunkt kitschig, sondern eher gesellschaftskritisch unterwegs. Seine Töne sind stets sanft, seine Kritik schwingt leise mit.

Dieser Roman war mein erster Kent Haruf und wird bestimmt nicht mein letzter sein. Ich liebe seine Sprache und die Entschleunigung, mit der mir die Geschichte das Lesen bereichert hat. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus.