Rezension

Sicherlich eine tief greifende Geschichte, die aber dennoch kleine Schwächen aufwies.

Alice, wie Daniel sie sah - Sarah Butler

Alice, wie Daniel sie sah
von Sarah Butler

Die Autorin Sarah Butler beschreibt in ihrem Familienroman eine Geschichte über einen obdachlosen Vater, der jeden Tag an seine Tochter denkt und die Hoffnung hat, sie eines Tages zu treffen. Gleichzeitig beschreibt die Autorin die Geschichte von Alice, besagter Tochter, die nichts von ihrem obdachlosen Vater ahnt.
Alice und Daniel sind beide die Protagonisten und erzählen stets abwechselnd aus ihrer Sicht. Mit jedem Kapitel sind auch Listen abgedruckt die über 10 Dinge berichten die sie zum Beispiel lieben oder hassen. Auf der einen Seite erlebt der Leser die Trauer um Alices vermeintlichen Vater, der an Krebs verstirbt und für den ihr kaum Zeit für den Abschied bleibt. Sie erfährt nach dessen Tod ein lang gehütetes Familiengeheimnis und ihr wird klar, warum sie seit Kindesbeinen an das Gefühl hatte, nicht in die Familie zu passen und dem Vater gerecht zu werden.
Alice erschien mir wie ein Freigeist, ungestüm und rastlos. Leider war sie mir nur bedingt sympathisch.
Daniel hingegen war für mich als Figur schon interessanter. Er verbindet Buchstaben mit Farben und beschreibt diese in seinen Erzählungen. Er vermisst seine Tochter und deren Mutter, erinnert sich oft zurück und ertrinkt auch hier und da mal in Selbstmitleid und Selbstzweifeln.
Dennoch war er mir nicht unsympathisch.
Die Autorin beschreibt die Handlung in leisen Tönen dennoch hatte ich etwas mehr Tiefgang zwischen den Zeilen erwartet. Der Schreibstil ist recht einfach und so ließ sich die Geschichte unheimlich schnell lesen.
Beide Charaktere waren mir aber etwas zu farblos, nicht tief genug ausgearbeitet. Mir fehlte der Hintergrund, warum Daniel auf der Straße lebt und auch Alice unruhiges Leben war mir zu undurchsichtig auch wenn ich die Verbindung zu ihrer Mutter erkannt zu haben, glaube.
Oft erschien mir die Handlung etwas langatmig und wiederholend, was ich recht schade fand. Immer wieder scheint sich Daniel seinem Ziel zu näher, um dann einen Rückzieher zu machen und das fand ich etwas anstrengend.
Die Handlung wechselt immer wieder zwischen Alice und Daniels Erinnerungen und der gegenwärtigen Situation der beiden.
London, die Stadt in der sich die Handlung abspielt, ist wunderbar und vor allem sehr bildhaft beschrieben.

Fazit:
„Alice wie Daniel sie sah“ ist sicherlich eine tief greifende Geschichte, die aber dennoch kleine Schwächen aufwies.
Auf der einen Seite hätte ich mir etwas mehr Beschreibungen über die beiden Protagonisten gewünscht auf der anderen etwas weniger lang gezogene oder wiederholende Szenen.
Dieser Familienroman ist ein Roman, der berühren kann, wenn man sich voll und ganz in die Handlung und deren Personen einlassen kann.
© Michaela Gutowsky