Rezension

Ein Buch mit kleinen Schwächen

Alice, wie Daniel sie sah - Sarah Butler

Alice, wie Daniel sie sah
von Sarah Butler

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der erste Satz
Mein Vater wohnt allein in einem Nobel-Reihenhaus in  der Nähe von Hampstead Heath.
 
Meine Meinung
Inhalt
Alice wird durch einen schweren Schicksalsschlag in ihrer Familie nach Hause gerufen. Was sie bei ihrer Ankunft zu Gesicht bekommt, macht ihr schwer zu schaffen. Sie kümmert sich zusammen mit ihren Schwestern um alles und möchte eigentlich wieder aufbrechen, wenn alles erledigt ist. Doch dann lernt sie den obdachlosen Daniel kennen und bekommt heraus, dass er ihr kleine Geschenke gemacht hat. Wird sie herausfinden, was hinter diesen kleinen Gaben steckt? Wird sie diesmal sesshaft werden, oder sich wieder auf Reisen begeben? Was ist überhaupt passiert?

Ich wende mich den Zeitungen zu, denn es besteht immer eine Chance, und der Tag, an dem ich aufgebe, könnte der Tag sein, an dem ich gefunden hätte, wonach ich suche.
Seite 97  

Charaktere
Alice hat mir gleich als sie das erste Mal erschien unendlich Leid getan. Sie ist quasi das schwarze Schaf in der Familie, was diese sie unbewusst auch spüren lässt. Alice ist sehr zurück gezogen und begibt sich viel auf Reisen. So etwas wie Freunde hat sie nicht und auch in einer festen Beziehung ist sie nicht mehr, seit ihre letzte scheiterte. Alice ist sehr emotional. Ich habe mich sofort mit ihr identifiziert und sie sehr in mein Herz geschlossen.
Daniel hat sehr viel mit Alice gemeinsam. Doch im Gegensatz zu ihr bleibt ihm nichts anderes übrig, als auf der Straße zu leben. Alice hat sich ihr "Nomadenleben" selbst ausgesucht, obwohl sie sich eigentlich auch eine eigene Wohnung nehmen und sesshaft werden könnte.
Daniel ist ein herzensguter Mensch und voller Gefühle, was seine Tochter betrifft. Er möchte sie wieder sehen und sie endlich in die Arme schließen.

"Wenn man lange genug still an einem Ort stehen bleibt, zeigt er sich einem. Es dauert eine Weile, aber dann findet man die Muster, und wenn man die erstmal hat, kann man anfangen, sich zu Hause zu fühlen."
Seite 312   

Gesamt
Ich muss einfach erstmal los werden, das ich das Buch von außen einfach wunderschön gestaltet finde. Als ich es in den Händen hielt war ich schier begeistert.
Als ich anfing es zu lesen, war ich immer noch hoch erfreut. Sarah Butler versteht es ihre Leser in eine andere Welt zu entführen. Die Geschichte lebendig werden zu lassen und allem Farbe einzuhauchen. Mit Alice konnte ich mich sofort anfreunden und schon sehr bald habe ich ihre Rolle in der Geschichte eingenommen. Ich kann sie sehr gut verstehen und es total nachvollziehen, wie ausgeschlossen und ungeliebt sie sich unter ihrer Familie fühlt. Manchmal hatte ich das Bedürfnis sie in die Arme zu nehmen und zu trösten.
Der Roman wird aus zwei Perspektiven erzählt. Einmal aus der von Alice, die nach Hause zurück kehren muss und einmal aus der Sicht von Daniel, der seine Tochter sucht. Die Stellen, in denen mir Alice ihre Geschichte erzählt hat, hat mir persönlich besser gefallen. Es erschien mir lebendiger, wie sie alles beschrieben hat und auch sonst hat mir ihre Art einfach unglaublich gut gefallen. Wenn ich allerdings in Daniels Sicht eingetaucht war, habe ich bemerkt, wie mich die kleinen Dinge, die er sammelt, sowie die ganzen Farben ein bisschen genervt haben. Zu Anfang fand ich es noch total interessant, wie er beschrieb, mit welchen Augen er die einzelnen Dinge sah, doch irgendwann hatte ich wirklich das Bedürfnis diese Stellen einfach zu überlesen. Ich habe es so empfunden, als würden wirklich zwei verschiedene Personen mit mir "sprechen". Sarah Butler hat ihren Schreibstil dem der gerade handelnden Person angepasst. Vielleicht ist es genau das, was mir an den Passagen von Daniel nicht so gut gefallen hat. Dies und die manchmal aufkommende Länge, wenn er mir seine Geschichte mitteilte.
Emotional hat mich "Alice, wie Daniel sie sah" jedoch vollends überzeugt. Ich habe an sehr vielen Stellen einen dicken Kloß im Hals gehabt und gehofft, es würde sich alles zum Guten wenden und sich endlich alles aufklären.
Etwas enttäuscht war ich wiederum vom Ende, welches ich mir komplett anders vorgestellt habe. Es hätte mir besser gefallen, wäre eine wichtige Sache nicht so "unausgesprochen" gelassen worden.

Fazit
Ach, ich habe so lange überlegt, wie viele Blümchen ich "Alice" geben soll. Alice an sich als Charakter bekommt von mir die vollen fünf, aber es geht ja nicht nur um sie. Also musste ich mich hinsetzen und mir überlegen, was mir gefallen und was mir nicht gefallen hat. Leider hat dieser Roman meiner Meinung nach doch mehr, als nur kleinere Schwächen, ist allerdings viel besser, als nur Durchschnitt. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden meine dreieinhalb Blümchen mal wieder auszupacken.
Wie es die Autorin geschafft hat mir das Gefühl zu geben, wirklich zwei Personen vor mir sitzen zu haben, die mir ihre Geschichte erzählen, hat meiner Meinung nach wirklich eine Verbeugung verdient. Nicht viele Autoren können ihren Schreibstil so anpassen. Die Emotionen, die ich mir erhofft habe, habe ich auch bekommen. Alice und Daniel haben es beide nicht leicht, was die Autorin einem wirklich sehr gut übermittelt.