Rezension

Spannend, aber nicht überzeugend

Post Mortem - Tränen aus Blut - Mark Roderick

Post Mortem - Tränen aus Blut
von Mark Roderick

Bewertet mit 3 Sternen

Sie heißt Emilia Ness und arbeitet bei Interpol. Er heißt Avram Kuyper und ist Profikiller. Gemeinsam jagen sie einen bestialischen Mörder. Jeder auf seine Weise. Der Profikiller Avram Kuyper und die Interpol-Ermittlerin Emilia Ness verfolgen die Fährte eines Mannes, der keine Grenzen und kein Gewissen kennt: machthungrig, erfolgs-verwöhnt und unberechenbar aggressiv. (Quelle: Amazon.de)

Zunächst besticht dieser Debüt-Roman durch sein wirklich tolles Bucheinwand und sein Cover. Die abgebildeten Tränen sind tatsächlich auch in der Hand spürbar.

Die Geschichte erfahren wir abwechselnd aus der Sicht von Emilia und Avram.Hierbei handelt es sich allerdings nicht um einen Ich-Erzähler, sondern beide Sichten erfolgen durch einen personalen Erzähler. Es gibt zwei Kapitel, die in kursiver Schrift die Gedanken von Emilia wiedergeben. Das wird aber nicht konsequent in allen Kapiteln durchgezogen und wirkte auf mich daher etwas deplatziert. Die ganze Story ist wahrlich keine leichte Kost, kommt aber mit wenig blutigen Elemente aus. Die Geschichte brauchte etwas um Fahrt aufzunehmen und konnte mich aber besonders im Mittelteil durch gut platzierte Cliffhanger am Ende der jeweiligen Kapitel stellenweise in seinen Bann ziehen. Im ersten Drittel dagegen hat mich besonders die doch sehr schnell aufkeimende Liebesbeziehung zwischen Emilia Ness und Mikka Kessler gestört. Vor allem haben mich dazu Emilias Gedanken gestört, bei denen man das Gefühl hatte sie wolle ihn am liebsten gleich anspringen und das nach nicht mal zwei Tagen. Die ganze Liebesgeschichte fand ich hier völlig überflüssig und unrealistisch. Das letzte Drittel zeichnet sich dann nur noch durch rasante Action-Szenen und eine sehr schnelle Aufklärung aus.

Der Schreibstil ist einfach. Es werden teilweise sogar immer wieder die gleichen Phrasen verwendet. Leider nichts, was man nicht schon mal gelesen hat. Manche Formulierungen fand ich schlichtweg der Situation und dem Charakter entsprechend völlig unpassend. Mark Roderick hat es hier nicht meines Erachtens nicht geschafft mit seinem Sprach- und Schreibstil authentische, greifbare Charaktere zu schaffen.

Generell finde ich alle Charaktere sehr eindimensional, denn in bestimmten Schlüsselsituationen haben sich alle gleich verhalten. So fangen alle in Situationen, die psychisch sehr an den Nerven zerren, immer an zu weinen, es laufen Tränen etc., auch der sonst so knallharte Avram und die toughe Emilia sind davon nicht ausgenommen. Emilia fand ich sehr unsympathisch. Besonders hat mich ihre Rolle als Mutter gestört. Oft hatte ich den Eindruck, dass ihre Tochter ihr einfach nur lästig ist. Andererseits kam ich nicht mit ihrer doch sehr kontroversen Einstellung gegenüber Opfern von Gewalt nicht zurecht. Sie sprach hier einmal von „ausgleichender Gerechtigkeit“. Von einer Interpol-Agentin hätte ich mir mehr Integrität und Objektivität versprochen. Auch Avram verwendet einmal den Begriff „Fegefeuer“, den ich die gleiche Kategorie einordnen würde. Beide scheinen hier fernab von irgendwelchen Justizsystemen, Gesetzten und Regeln an irgendwelche höheren Mächte zu glauben bzw. ist es vollkommen in Ordnung so etwas auch mal auf seine bzw. ihre nicht-rechtskonforme Weise zu regeln. Von Avram wusste ich bis zum Schluss nicht, was ich von ihm halten sollte.

Überrascht hat mich, dass im Klappentext steht, dass Avram Profi-Killer ist, aber im ganzen Roman wird das nicht ein einziges Mal richtig erwähnt. Anstatt dessen wird da eher ein riesengroßes Geheimnis gemacht und durch unzählige Anspielung angedeutet. Fand ich einfach unnötig und nicht nachvollziehbar, da man doch als Leser bereits wusste was er macht. Scheinbar konnte man sich auch nicht auf einen einheitliche Schreibweise von Profi-Killer einigen. Wir finden sowohl Profi-Killer als auch Profikiller. Für ein Buch mit Lektorat würde ich erwarten, dass hier dadrauf geachtet wird.

Ich habe hier auch eine umfangreiche Ermittlungsarbeit erwartet, aber es wurde hier Spuren und offenen Fragen einfach nicht nachgegangen. Stellenweise waren auch Teile nicht immer ganz logisch und nachvollziehbar. Auf der einen Seite werden bekannte Informationen an mehreren Stellen wiederholt und auf der anderen Seite haben die Protagonisten Wissen, von dem dann nicht klar ist, wie sie dazu gekommen sind. Das muss man dann als Leser so als Gegeben hinnehmen.

Der Roman schließt nicht mit einem Cliffhanger ab, sondern alle Fragen werden geklärt und der Fall wird gelöst. Ich frage mich, was da noch im zweiten Band kommen wird. Für meinen Geschmack wurde die ganze Aufklärung auch sehr schnell auf den letzten Seiten abgehandelt.

Auch wenn das Thema hier nicht trivial war, konnte mich das Ganze einfach nicht mitreißen und irgendeiner Weise emotional mitnehmen. Der Schreibstil und die Charaktere konnten mich leider so gar nicht überzeugen. Mir lag hier auch zu sehr der Fokus auf der möglichst actionsreichen Handlung und die Aufklärung und Logik blieben hier eindeutig auf der Strecke. Wäre das Ganze ein Film, dann könnte ich mir Til Schweiger hier gut als Avram vorstellen und eine seiner Töchter als Akina. Für anspruchsvolle Thriller-Leser, die eine umfangreiche Ermittlungsarbeit, eine logischen Aufklärung und Charaktere mit mehrdimensionaler Persönlichkeit schätzen, kann ich diesen Roman nicht empfehlen. Ich vergebe dennoch gut gemeinte 3 Sterne, weil die Idee gut und der Cover wirklich klasse ist. Hier ist eindeutig auch noch Luft nach oben.