Rezension

Was ist schon fair im Leben ...

Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe - A. J. Betts

Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe
von A. J. Betts

Bewertet mit 5 Sternen

~~Klappentext
Zac steht nach einer Knochenmarktransplantation unter Quarantäne. Mia hat einen Tumor im Fuß und eine riesige Wut im Bauch. Normalerweise hätten sie nichts miteinander zu tun. Aber im Krankenhaus gelten andere Regeln. Man braucht Kraft, um die Zeit dort durchzustehen. Und noch mehr Kraft, um in eine normale Welt zurückzukehren. In einer dieser Welten braucht Zac Mia. Und in der anderen braucht Mia Zac. Oder vielleicht brauchen sie sich gegenseitig. Jetzt und für immer.

 

Dieses Buch hat es echt in sich. Es fordert mir als Leserin einiges ab. Aber ich erfahre auch vieles über Leukämie, dass ich vorher so nicht wusste. Ich musste so oft lachen, obwohl mir nach weinen war. Da ist zum einen Zac. Er liegt schon seit Monaten im Krankenhaus auf der Isolierstation. Er hat Krebs. Leukämie. Diverse Chemotherapie hat er schon hinter sich, leider ohne Erfolg. Jetzt hat er eine Knochenmarktransplantation bekommen. Wie er erfahren hat von einem bayrischen Mädchen. Und ich finde die Gedanken, die er sich dann macht, welche Auswirkungen es auf sein Leben haben könnte, so nach vollziehbar. Ich denke jeder/ jede, der/ die so isoliert liegt, Zeit hat ohne Ende fängt an zu philosophieren, was wäre wenn …

„Ich versuche mich davon abzuhalten, darüber nachzudenken, dass ich jemand anders bin.
Ich weiß, es klingt wie aus einem schlechten Film – Angriff des Knochenmarks! -, aber wenn mir mein eigenes Mark aus den Knochen gezogen und durch fremdes ersetzt wird, liegt der Gedanke doch nahe, dass es verändert, wer ich bin? Bilden sich die Zellen etwa nicht im Knochenmark und bahnen sich on dort ihren Weg durch den Blutkreislauf und in jeden teil des Körpers? Wenn diese Stammzellen jetzt eigentlich einem anderen Menschen gehören, ändert das nicht alles?
Man hat mir gesagt, dass ich zu 99,9 Prozent jemand anders bin. Man hat mir auch gesagt, dass das etwas Gutes sei, aber wie kann ich da sicher sein? In dem Zimmer gibt es nichts, woran ich es testen könnte. Was ist, wenn ich plötzlich Football spiele, wie eine Bedienung auf dem Oktoberfest? Was ist, wenn ich vergessen habe, wie man einen Pick-up oder ein Quad fährt? Was ist, wenn sich mein Körper nicht mehr daran erinnert, wie man schnell läuft? Was ist, wenn diese Dinge nicht in meinem Kopf und in meinen Muskeln gespeichert sind, sondern tiefer, in meinem Knochenmark? Was ist … was ist, wenn all dies nur Zeitverschwendung ist und die Leukämie trotzdem wieder kommt?“ (Seite 39)

Ja, die Frage stellt sich wohl irgendwann ein. Und wenn man die Statistiken in  diesem Buch liest, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass Leukämie geheilt wird, dann kann man auch diese Gedanken Zacs nachvollziehen, so makaber sie auch sind … ich kann ihn ein klitzeklein wenig verstehen.

„Ich verfolge die Fortschritte der Hoffnungsvollen und der Hoffnungslosen, der Gewinner und der Verlierer. Und jedes Mal, wenn ich lese, dass jemand an Leukämie gestorben ist, bin ich makabererweise erleichtert. Ich würde es nie laut sagen – und ich fühle mich dabei auch wie das letzte Schwein -, aber in gewisser Hinsicht gibt mir ihr Tod, wenn man das große Ganze betrachtet, das Gefühl, meine Überlebenschancen wären damit gestiegen. Jemand anders hat seinen Strich auf der Tafel hinzugefügt. Das muss doch eine bessere Prognose für mich bedeuten.
Ich kenne diese Leute nicht und will nicht, dass sie sterben, aber für mich verbessern sie die Statistik. Die Mathematik gibt mir Halt.“ (Seite 81)

Aber dann ist da auch noch Mia. Sie belegt das Nachzimmer von Zac. Durch Klopfzeichen kommen sie sich „näher“. Sie hat einen Tumor im Fuß und ist auf alles und jeden wütend. Sie will Party machen, das Leben genießen und nicht so einen doofen Tumor haben, der ihr alles versaut. Sie sperrt sich gegen jegliche Therapie. Erst nach Monaten, Zac ist längst wieder zu Hause, und Mia abgehauen, lernen sich die beiden kennen. Zac gelingt es schließlich Mia davon zu überzeugen sich helfen zu lassen. Als sich Mia wiederum einige Monate später bei Zac dafür bedanken will, muss sie erfahren, dass er einen Rückfall hat. Jetzt ist er es, der sich nicht mehr helfen lassen will. Und nun wird Mia klar, dass sie Zac helfen muss.

„Ich schließe die Augen und umklammere den Ast, als wäre er alles. Ich bekomme einen Krampf in den Händen, und meine Arme zittern, und jetzt geht mir auf, was Mut ist. Mut heißt, stehen zu bleiben, obwohl man weglaufen will. Mut heißt, sich zu stellen und der Sache ins Auge zu sehen, die einem Angst macht, egal, ob es dein Bein oder deine Freundinnen sind oder der Typ, der dir erneut das Herz brechen könnte. Es heißt, die Augen zu öffnen und diese Angst mit festem Blick zu bezwingen.
Ich öffne die Augen. Die Nacht ist nicht mehr so dunkel wie vorher.“ (Seite 321)

Dieses Buch ist ein Auf und Ab der Gefühle. An manchen Stellen musste ich echt schlucken, weil Dinge passieren, mit denen ich so nicht gerechnet habe. Ein wundervoll geschriebenes Buch. Ich habe es verschlungen. Es macht Mut. Mut sich den Dingen, die das Leben für einen bereit hält, zu stellen. Auch wenn nicht immer alles fair im Leben zugeht. Jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde sollte man das Leben in vollen Zügen genießen … Mia und Zac sind ein Beispiel dafür.

„Wenn wir zusammen sind, werden wir nicht fallen – weder ab noch runter, noch aus. Ich weiß, dass es keine Garantie gibt, doch im Moment bekommt Mia von mir zehn von zehn Punkten und ist schöner und überraschter denn je.“ (Seite 329)

Ein traurig-schönes Buch ... eigentlich möchte man die ganze Zeit weinen und muss doch immer wieder lachen. I love it ♥♥♥