Rezension

Wohlfühllektüre für ein verregnetes Wochenende

Der Liebesbrief -

Der Liebesbrief
von Ruth Saberton

Bewertet mit 4 Sternen

Um über den Tod ihres Mannes hinweg zu kommen, zieht Chloe ins alte Pfarrhaus nach Rosecraddick, ein Dorf an der Küste Cornwalls. Fernab von London will sie versuchen sich ein neues Leben aufzubauen. Sie beginnt sich für die Geschichte des berühmten Sohnes der Gemeinde, dem Dichter Kit Rivers zu interessieren, der als junger Soldat im Ersten Weltkrieg fiel. Ihm zu ehren wurde ein Kirchenfenster gestaltet, dem nachträglich ein Gänseblümchen hinzugefügt wurde. Ein Detail, das Chloe als Malerin sofort ins Auge fällt. Auch in der vordersten Kirchenbank entdeckt sie ein eingeritztes Gänseblümchen. Sie wird neugierig und versucht dem Ganzen auf die Spur zu kommen. Hilfe findet sie bei dem Historiker und Kit Rivers Experten Matt. Als sie bei Aufräumarbeiten im Pfarrhaus ein verstecktes Tagebuch findet, rücken die Gänseblümchen in ein völlig neues Licht. Das Tagebuch gehörte einer jungen Frau namens Daisy, die darin ihre Erlebnisse ab Mai 1914 schildert. Kit Rivers und Daisy verband damals ein besonderes Geheimnis, dem Chloe nun auf die Spur kommt. Dieser Fund verändert nicht nur den Blick auf den jungen Dichter, sondern auch Chloes Leben nimmt eine neue Wendung.

Meinung

Der Roman ist in drei Teile unterteilt. Der erste beschäftigt sich mit Chloes Umzug nach Rosecraddick und ihrer langsamen Rückkehr ins Leben. Durch die Entdeckung der Gänseblümchen und dem Tagebuch ebnet dieser Teil den Weg zu der jungen Daisy.

Im zweiten Teil springt die Geschichte hundert Jahre zurück in den Mai 1914, in dem Daisy in Rosecraddick ankommt und dort Kit Rivers kennen und lieben lernt. Ebenso wie Chloe kommt Daisy aus London in das beschauliche Dorf an der Küste und wohnt im alten Pfarrhaus. Zusammen mit Daisy erleben wir einen herrlichen Sommer und verfolgen ihre Liebesbeziehung mit Kit. Der zweite Teil endet im August 1916 nachdem Kit Rivers als vermisst gemeldet wird und Daisy Rosecraddick verlässt.

Der letzte Teil handelt wieder von der Gegenwart, in der Chloe mit Matts Unterstützung herausfinden will, was aus Daisy und Kit geworden ist.

Ruth Saberton hat einen wunderbaren Schreibstil, mit dem sie Orte und Situationen beschreibt ohne zu viel preiszugeben. Auf diese Weise kann sich die Fantasie des Lesers entfalten und ein eigenes Bild kreieren. Chloes Trauer wird unterstrichen von ihren Erinnerungen an Kleinigkeiten, die Neils Charakter ausgemacht haben. Behutsam schildert die Autorin Chloes Zeit der Trauer und das sich langsam wieder zurück ins Leben tasten.

Die Charaktere des Romans wirken lebendig und authentisch. Ich habe mich in Rosecraddick und mit seinen Figuren gleich zu Hause gefühlt. Nur im alten Pfarrhaus würde mir der Komfort fehlen. Durch die klare Abgrenzung des Zeitsprungs entstehen keinerlei Verständnisprobleme. Ich bin völlig in die Geschichte eingetaucht und war gespannt auf ihren Ausgang.

Doch im letzten Drittel verzettelt sich der Roman an einigen Stellen zu sehr. Es tauchen Ungereimtheiten auf und manches wird angedeutet, aber dann vergessen. Ich hätte mir für das Gänseblümchen im Kirchenfenster sowie für das Schicksal von Daisy und Kit eine andere Auflösung gewünscht. Auf mich wirkt beides sehr konstruiert und teilweise zu weit hergeholt. Außerdem wird zum Schluss sehr auf die Tränendrüse gedrückt, was für mich nicht im Einklang mit den ersten zwei Teilen des Buches steht. Mir war das zu viel des Guten, aber das ist natürlich nur mein persönliches Empfinden.

 

Fazit

Alles in allem ist es ein sehr unterhaltsamer, größtenteils gut geschriebener Roman über Liebe, Verlust und Hoffnung, perfekt für ein regnerisches Wochenende.