Rezension

Zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Leuchtfeuer -

Leuchtfeuer
von Dani Shapiro

Bewertet mit 4 Sternen

Wer chronologisch erzählte Geschichten mag, sollte die Finger von Dani Shapiros „Leuchtfeuer“ lassen. Wen ein wenig Sprunghaftigkeit jedoch nicht stört und wer Wert auf glaubhafte Figuren und eine emotional berührende Handlung legt, wird diesen Roman sicher genießen.

 

Auf den unterschiedlichsten Zeitebenen und durch die Augen der unterschiedlichsten Figuren erzählt Dani Shapiro die Geschichte einer Familie, deren Schicksal von nur einem tragischen Ereignis geprägt ist: Ein schrecklicher Verkehrsunfall in den Teenagerjahren der Geschwister Theo und Sarah bestimmt nicht nur ihren Lebensweg vorher, sondern zugleich auch den ihrer Eltern Ben und Mimi. Anstatt die Last gemeinsam zu tragen, kämpft jeder von ihnen allein und auf seine Weise mit den Schuldgefühlen. Für Ben scheint sich schließlich ein Lichtblick am Horizont in Gestalt des Nachbarsjungen Waldo zu zeigen – ist es möglich, das Schicksal anderer auch auf positive Weise zu formen?

 

„Leuchtfeuer“ behandelt Themen wie Schuld und Trauma und stellt die Frage in den Mittelpunkt, wie sich damit umgehen lässt – und wie nicht. Durch den ganzen Roman zieht sich das Thema des „Alles-mit-sich-selbst-Ausmachens“, das keiner der betreffenden Figuren guttut. Auf behutsame Weise lässt Dani Shapiro ihre Figuren erleben, dass die Verbundenheit mit anderen Menschen ein mächtiges Heilmittel sein kann. Die Erzählweise, die stetig zwischen Zeitebenen und Perspektiven hin und her springt, unterstreicht diese Aussage anschaulich. Zugleich ist es aber auch diese sprunghafte Erzählweise, die bisweilen eine große Distanz zwischen uns Lesenden und den Romanfiguren aufkommen lässt: Hat man sich gerade in eine Figur hineingefühlt, wechselt die Erzählung ganz woandershin. Hier und da hätte es dem Roman gutgetan, dichter an den Figuren zu bleiben, die ansonsten so überzeugend und lebensnah wie selten gezeichnet sind.

 

Abgesehen von dieser leichten Schwäche kann „Leuchtfeuer“ auf ganzer Linie überzeugen als ein Roman, der eine zutiefst menschliche Saite in seinen Leser*innen zum Klingen zu bringen vermag. In poetischen Worten und mit einem feinen Gespür für die menschliche Psyche zündet Dani Shapiro ein wahres literarisches Leuchtfeuer.