Rezension

Buch der Angst

Die Bestimmung
von Veronica Roth

Bewertet mit 2 Sternen

Hier ist wieder eines dieser Bücher, das mich hin- und herüberlegen lässt, wie es gemeint ist, ob ich es vielleicht nicht nur in den falschen Hals bekommen habe oder ob sich tatsächlich durch die Bank eine Message zieht, die zumindest ich so nicht bekommen möchte. Kurz zum Inhalt:

In einer Welt der nahen Zukunft leben die Menschen nicht zwingend in ihren Familien, sondern in einer Fraktion, für die sie sich mit 16 Jahren entscheiden müssen. Fraktion bedeutet in dem Fall, dass sie sich den Menschen anschließen, die ihrer Meinung nach am besten die Weltanschauung verkörpern, für die sie stehten. Da gibt es die Mutigen und Wilden (Ferox), die Freundlichen (Amite), die Wahrheitsliebenden (Candor), die Wissensdurstigen (Ken) und die Selbstlosen (Altruan). Sobald man sich für eine dieser Fraktionen entschieden hat, bleibt man dort sein Leben lang. Tests vorher entscheiden, zu wem man am besten passen würde, doch bei Tris funktioniert dieser Test nicht vernünftig, denn sie ist eine Unbestimmbare. Keiner weiß so richtig, was das bedeutet, nur dass es nicht gut ist, also rät ihr die Prüferin, die den Test durchführte, nicht darüber zu reden.
Tris entscheidet sich schließlich am Tag der Entscheidung für die Ferox und verlässt ihre Familie. Die Ferox sind nicht nur mutig, sondern auch völlig irre: Sie springen auf fahrende Züge, stürzen sich von Dächern, tun überhaupt anscheinend nur Dinge, die damit zu tun haben, dass man seine Angst überwindet.

Tris durchläuft jetzt eine knallharte Kampfausbildung, sowohl körperlich als auch geistig, denn nur wer unter die besten zehn der Auszubildenden gehört, darf bleiben und eine Ferox werden. Alle anderen werden fraktionslos, was im Prinzip gleichbedeutend mit obdachlos und besitzlos und "schlimmer als der Tod" (Originalzitat) ist. Während dieser Ausbildung muss Tris zwischen Freunden und Feinden unterscheiden lernen, denn natürlich sind sie mehr als zehn Auszubildende, und damit alle Konkurrenten. Manche ihrer Konkurrenten sind so skrupellos, dass sie schwere Verletzungen und sogar den Tod ihrer Mitauszubildenden auf sich nehmen, um ja an erster Stelle zu verbleiben. Wer da an die Hunger Games denkt, liegt nicht sonderlich verkehrt. Doch auch die Liebe kommt nicht zu kurz, immerhin haben wir es hier mit einer Jugenddystopie zu tun. Am Ende ihrer Ausbildung muss Tris erkennen, dass es Wichtigeres gibt, als ein vollwertiger Ferox zu sein, denn ein Krieg droht auszubrechen und außer ihr weiß kaum jemand davon. Doch wie soll sie den drohenden Untergang verhindern?

So weit, so gut. Der Schreibstil - muss man glasklar und ehrlich zugeben -, ist unglaublich gut und mitreißend. Warum sich mir dann trotzdem ständig der Magen verknotet hat? Weil hier Gewalt als ein Mittel dargestellt wird, Probleme zu lösen. Wer Gefühle hat und auch mal weint, kann nicht tapfer sein, und wer nicht in der Lage ist, seine Mitmenschen so lange zu verdreschen, bis sie ohnmächtig am Boden liegen, wird nie ein furchtloser Mensch und sich früher oder später selbst aus dem Leben verabschieden (selbstverständlich nicht, ohne vorher noch einen nahezu tödlichen Fehler zu begehen). Dazu zieht sich ständig wie ein roter Faden das Mantra "Angst ist nicht real" durch das Buch, und wer sich schon mal ein bisschen mit Scientology beschäftigt hat, weiß, dass das einer ihrer Grundsätze ist. Überhaupt blieb mir in dem Buch zum großen Teil die Menschlichkeit auf der Strecke. Ja, es opferten sich auch rechts und links mal Leute für irgendwen, aber dann natürlich - meistens - für die Hauptperson, die so knallhart ist, dass sie alle Ängste und Bedürfnisse überwinden kann. Zum Schluss noch mal ein bisschen Triumph der Liebe reingemixt kam mir wie der Versuch vor, diesen Gesamteindruck ein wenig abzuschwächen.

Fazit: Wie auch immer. Ich habe die anderen beiden Bände davon noch auf meinem Sub und werde sie daher wahrscheinlich auch lesen. Ob ich diese Reihe aber tatsächlich ruhigen Gewissens empfehlen - und dann auch noch an Jugendliche -, kann, wird sich erst danach herausstellen. Jetzt, nach Band 1 kann ich es definitiv noch nicht.