Rezension

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Die Raven-Boys

Wen der Rabe ruft - Maggie Stiefvater

Wen der Rabe ruft
von Maggie Stiefvater

Blue Sargent ist 16. Jahre alt, wohnt in dem Örtchen Henrietta im US-Bundesstaat Virginia und stammt aus einer Familie von Sehern und Weissagern.
In Henrietta ist nichts, wie anderswo. Der Ort liegt direkt auf einer Ley-Linie, einer unsichtbare Energielinie, die wichtige spirituelle Orte miteinander verbindet. Und wirklich jeder Einwohner scheint ein Geheimnis zu haben.

Es ist das Jahr, in dem Blue sich verlieben wird. Sie weiß, dass ihre wahre Liebe an ihrem Kuss sterben wird - so die Prophezeiung. Wie in jedem Jahr hält Blue am Vorabend des Markusstages Kirchenwache. Jedes Jahr im April empfängt sie die Geister der Lebenden, die in den nächsten 12 Monaten sterben werden. Und üblicherweise kann Blue die Toten nicht sehen. Wie die Gabe des Weissagens, hat sie die "Gabe des Sehens" nicht geerbt. Blue hat hingegen die Fähigkeit, Energien zu verstärken. Ihre Familie zieht sie zu Sitzungen gern hinzu, um "deutlicher zu sehen (oder zu hören)". Geister bedienen sich ihrer Engergie. Sie ist der Tisch bei Starbucks, an den sich jeder gern setzen möchte, der mit der Steckdose (lt. Gansey).

In diesem Jahr ist es anders. Blue hält zusammen mit ihrer Tante Neeve die Wache, als sie den Geist des jungen Gansey, Schüler der Aglionby Academy, "sehen" kann. Es gibt nur zwei Gründe, warum eine Nicht-Sehende am Vorabend des Markustags einen Geist erblickt: Entweder ist sie seine wahre Liebe oder sie hat ihn getötet. Ausgehend von den Weissagungen könnte in diesem Fall durchaus beides zutreffen.

Gansey ist 17 Jahre, stammt aus einer wohlhabenden Familie und ist auf den ersten Blick oberflächlich und herablassend. Erst bei näherem Hinsehen ist zu erkennen, dass seine Art auf Nachlässigkeit beruht. Er stammt auch völlig anderen Verhältnissen, seine Worte sind einfach unbedacht. Im Grunde ist er sogar nett und charmant.

Er ist auf der Suche nach dem Grab des walisischen “Rabenkönigs“ Owain Glyndwr (oder Owen Glendower), dass sich in Virginia befinden soll. Wer Glendower weckt, dem gewährt er einen Wunsch. Hilfe sucht er ausgerechnet bei Blues Mutter, die ihm die Antwort auf seine Fragen nach den Ley-Linien jedoch vorenthält und Blue den Umgang mit Gansey untersagt.

Selbstverständlich hält sich Blue nicht an dieses Verbot. Zusammen mit seinen Freunden Adam, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt, in einem Wohnwagen lebt, regelmäßig von seinem Vater verprügelt wird und der sich zu Blue hingezogen fühlt (und Blue sich zu ihm), Ronan, der seit dem Tod seines Vaters im Klinsch mit seinen Brüdern liegt, ein Geheimnis hat seinen Vater getötet (und er kennt es) sowie Noah begibt sie sich auf die Suche.

Und natürlich haben die Jugendlichen einen Kontrahenten, und zwar den Lateinlehrer der Jungs Barrington Whelk. Auf der Suche nach den Rabenkönig geht er im wahrsten Sinne über Leichen. Aktuell hat er dabei Unterstützung von Blues Tante Neeve.

Die Geschichte wird zunächst vorwiegend aus Blues und Ganseys Sicht erzählt, wechselt gelegentlich aber auch zu Personen (Adam, Whelk). Aber die Wege kreuzen sich schnell.
Ein magischer, mystischer Roman, der spannend, atmosphärisch, schaurig und geheimnisvoll geschildert wird. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse. Die Autorin versteht sich darauf, den Leser im Ungewissen zu lassen, macht nur vereinzelt Andeutungen, die völlig zusammenhangslos scheinen und sich erst viel später aufklären. In den letzten Zügen des Buches häufen sich die AHA-Momente. Vorhersehbarkeit kann man in diesem Falle nicht unterstellen.

Fazit: Ein überaus gelungener Auftakt einer Mystery-Reihe. Zwar wurden bereits einige Geheimnisse gelüftet, aber ein Großteil ist noch immer ungeklärt. Die Autorin hat es keineswegs eilig, die Geheimnisse und Wendungen vergangener Ereignisse oder die Verbindungen der einzelnen Figuren untereinander zu offenbaren. Ich bin gespannt auf den zweiten Teil.