Rezension

Herzzereißend schön !

Wie die Stille unter Wasser - Brittainy C. Cherry

Wie die Stille unter Wasser
von Brittainy C. Cherry

Bewertet mit 4 Sternen

Ganze 11 Stunden hat mich dieses Buch in Atem gehalten. NUR 11 Stunden, in denen ich aber gleich mehrmals innerlich zerbrochen bin, in denen sich mein Herz immer wieder vor Schmerz zusammen zog, aber auch vor Glück gleich mehrere Male platzen wollte. 11 Stunden in denen ich eine Unmenge an Tränen vergossen habe. Nicht immer in offensichtlichen Situationen, sondern in MOMENTEN die im Gesamten eigentlich nur kleine Fragmente ausgemacht haben.

Maggie Mays Geschichte ist ein regelrechter Kampf. Sie ist ein glückliches Kind, das endlich seinen Platz in einer richtigen Familie gefunden hat, ein unbeschwertes Kind das fest davon überzeugt ist irgendwann einmal den besten Kumpel ihres Bruders zu heiraten. Sie ist willensstark und quirlig, bis zu diesem einen Moment der ALLES verändert ! Sie erlebt etwas Schreckliches, das sie ihrer Kindheit auf einen Schag völlig beraubt. Sie kann nicht mehr sprechen, das Haus nicht mehr verlassen. Mit ihrer Familie kommuniziert sie über Notizzettel, später über ein Whiteboard. Sie wird zuhause unterrichtet und flüchtet sich ansonsten in ihre Bücher, die sie als ihre Freunde ansieht und die ihr die Welt da draußen zeigen, die sie nicht mehr betreten kann. Brooks ist der Einzige der wirklich zu ihr vordringt. Nach dem Unglück ist er einfach für sie da und verspricht ihr auf immer ihr Anker zu sein. Jeden Tag schaut der beste Freund ihres Bruders bei ihr vorbei und fragt sie, wie es ihr heute geht. Er erlebt Maggies glückliche Momente und teilt ihre dunkelsten Stunden mit ihr und irgendwann da wird aus Freundschaft Liebe. Eine so innige und einzigartige Liebe, bei der man fast glaubt, das sie alles aushalten kann...

Ich hatte Gänsehaut, ich hatte Herzflattern und ein Kribbeln im Bauch. Brittainy C. Cherry kriegt mich mit jedem ihrer Bücher, aber keines ging mir so EXTREM unter die Haut wie "Wie die Stille unter Wasser". Zeitgleich tobt nach einem Tag des "Sackenlassens" aber auch so ein innerer Sturm in mir. Ein Konflikt den ich nicht abstellen kann und der auch leider dieses Mal dafür sorgt, das ich das Buch, wie schon seine Vorgänger, nicht mit der vollen Punktzahl bewerten kann.

Bücher sind dazu da, das wir für einen Augenblick dem Alltag und unserer Realität entfliehen können. Das ist gut so und ich bin absolut dafür, das wir uns in "heile Welt" Szenarien verlieren können, das wir Geschichten entdecken können, in denen sich Probleme am Ende immer auflösen und alles in einem Happy End für alle Beteiligten gipfelt. Doch trotzdem bin ich auch eine Realistin und so sehr ich mich auch anstrenge dies beim Lesen abzustellen, so wenig will es mir oft gelingen.

So konnte ich auch hier, trotz rosaroter Brille, nicht über gewisse Punkte hinwegsehen; in meinen Augen Fehler, die die Autorin durch Kleinigkeiten hätte ausmerzen können. Ein Beispiel ist der Umgang mit Maggies Trauma. Aus eigener Erfahrung weiß ich wie hart und schwer es ist, sich seinem Trauma zu stellen und es vor allem zu bekämpfen und auch wie lange so etwas dauern kann. Brittainy C. Cherry setzt hier auf die Heilung durch LIEBE. Das ist emotional vielleicht der beste Weg, doch realistisch betrachtet eben leider nicht. Auf knapp 400 Seiten ist vielleicht maximal drei Mal das Wort Therapeut zu lesen. Das wäre vielleicht alles nicht so schlimm, wenn sich der Zeitraum in dem die Geschichte spielt, sich auf wenige Wochen, Monate oder gar ein Jahr erstrecken würde, aber wir reden hier von 20 ( !! ) Jahren. 20 Jahre in denen Maggie nicht fähig ist, zu sprechen, nicht fähig das Haus zu verlassen. 20 Jahre in denen sie immer wieder heftigste Panikattacken erlebt und 20 Jahre in denen ihre Familie zwar immer für sie da ist, aber trotzdem niemand offensichtlich auf die Idee kommt, Hilfe zu suchen.
Wie gesagt, Brittainy C. Cherry hat es letzten Endes auf die Romantische Art gelöst, die Liebesgeschichte zwischen Brooks und Maggie steht im Vordergrund, ihre tiefe Freundschaft und innige Liebe, die gar keine Worte braucht. Sie suggeriert, das man auch dann eine Stimme hat, wenn man nicht sprechen kann. Die Botschaft ist gut, die Botschaft ist wichtig und damit hat sie mich berührt. Aber man, es ist eben einfach unrealistisch.

Ein weiterer Punkt den ich kritisieren muss, ist, wie einfach sich am Ende alles ineinander fügt und dann gab es da noch einen Moment, über den ich leider noch nicht mal schreiben kann, weil er spoilern würde, der mich aber absolut NICHT überzeugt hat.

Aber, trotz dieser Punkte, hat es mich berührt, es hat mich tief in meinem Inneren erschüttert, hat mich zeitgleich aber auch geheilt, so wie Brooks Maggie und Maggie Brooks geheilt hat. Für mich war es das beste Buch der Reihe, ein herzzerreißend schönes Werk, in dem die Autorin viele Themen und Interessen vereint hat. Es geht nicht nur um Probleme und um Maggies Stummheit und Trauma, sondern auch um Träume, um Musik, um Bücher. Darum wie wichtig Familie ist und wie bedingungslos die Liebe in einer Familie eigentlich sein sollte. Es geht um Freundschaft, um Mut und Hoffnung und um das Leben ansich. Es ist ihr wunderbar und durch ihren lockeren und doch fesselnden Schreibstil so mühelos gelungen, mich voll und ganz in die Geschichte zu ziehen und das Buch hat sich seinen festen Platz in meinem Regal dadurch absolut verdient. Ich geb's nicht mehr her !!!

Und ihr müsst es unbedingt lesen, wenns nach mir geht. Vergesst aber nicht, Euch vorher einen ordentlich hohen Taschentuchstapel bereit zu legen.

*ANMERKUNG: Bitte lasst Euch nicht vom Lesen abhalten, weil ihr glaubt, das dies der dritte Band einer Reihe ist und ihr erst noch Band 1 und 2 lesen müsst. Die Bände sind komplett unabhängig voneinander, in sich abgeschlossene, eigenständige Geschichten, deren einzige Gemeinsamkeit meiner Meinung nach lediglich die Elemente im Titel sind. Ihr könnt euch also irgendeinen der drei Bände schnappen und loslesen.