Rezension

Kein Wow-Buch

Die letzten Tage von Rabbit Hayes
von Anna McPartlin

Bewertet mit 4 Sternen

"Die letzten Tagen von Rabbit Hayes" handelt von der 40-jährigen Rabbit, die, nachdem ihr Krebs bis in die Knochen gestreut hat, ins Hospiz verlegt wird. Keiner in ihrer Familie ist bereit die lebenslustige und stets mutig kämpfende Rabbit gehen zu lassen. Vor allem, weil sie alleinerziehende Mutter einer 12-jährigen Tochter ist. Alle stoßen an ihre Grenzen, doch sie müssen sich damit abfinden, dass sie einen wundervollen Menschen verlieren werden, vor allem einen Menschen, der bereit dazu ist dem Tod entgegen zu treten.

Über dieses Buch ist viel geschrieben worden und das vor allem positiv. Da hört man dann einfach hin und wenn das Buch dann ein außergewöhnliches Cover hat und einen ansprechenden Klappentext, dann sagt man natürlich nicht nein. Rückblickend muss ich nun sagen, dass "Die letzten Tage von Rabbit Hayes" überzeugend sind, aber nicht so wow, dass ich die enorme Werbemaschinerie für dieses Buch nachvollziehen könnte und hier sind meine Gründe dafür.

Ein großes Problem ist, dass man anhand des Klappentexts ein ganz anderes Buch erwartet. Man erwartet, dass man eine lebenslustige Protagonistin hat, in deren Psyche man so tief einsteigt, dass man ihr komplettes Leiden selber spürt und dennoch nicht die Hoffnung aufgibt. Zwar haben wir eine lebenslustige Protagonistin (der Name, sorry, aber ich habe mich mit Rabbit wahnsinnig schwer getan), aber so wirklich kennen lernen tun wir sie nicht. Das ist nicht dramatisch, weil die Alternative auch gut ist, aber es ist einfach nicht das, was der Klappentext verspricht und wo ich eine Wette unterschrieben hätte, dass ich zu Tränen gerührt sein würde.

Die Alternative ist nun also, dass wir die Krebs-/Hospizgeschichte durch viele unterschiedliche Perspektiven dargestellt bekommen. Das finde ich wirklich gut, denn es hat mich an meine eigene Familie erinnert, in der so viele unterschiedliche Persönlichkeiten vereint sind, dass wirklich alle auf eine solche Diagnose anders reagieren würden. Das war hier wirklich faszinierend zu beobachten, zumal sich auch keiner als liebster Charakter hervortun konnte, weil alle so authentisch und ergreifend dargestelllt wurde, so dass einem alle ans Herz wuchsen. Dennoch kommt durch diese Struktur Rabbit eindeutig zu kurz. Meistens ist sie am schlafen und ihre Persönlichkeit kann man eigentlich nur in der Vergangenheit erfahren (übrigens unverschämt, dass dieser Roman gleich zwei traurige Geschichten enthält ohne Happyend). Das ist schade, weil ich mir Rabbit wirklich als die Heldin dieser Geschichte gewünscht hätte.

Das Ende war schließlich perfekt und das meine ich zu 100% so. Es gibt viele Geschichten, die können einfach nicht enden, weil keine Endgeschichte das Gefühl dieser Geschichte einfangen könnte. "Die letzten Tage von Rabbit Hayes" hat dies geschafft. Man liest es und ist in dem Moment so glücklich, weil es für Rabbit und Johnny einfach perfekt war. Aber das ist auch das Problem. Die Geschichte endet zwar mir dem Tod (nein, kein Spoiler, der Titel hat schließlich schon jegliche Spannung genommen), aber dennoch ist man glücklich, weil man sich den Tod genau so wünscht. Und schon wieder wurde eine Erwartung nicht erfüllt: ich habe echt gedacht, dass mich die Tränen überwältigen würde, stattdessen war da einfach nur die Erleichterung über ein perfektes Ende.

Aber ein perfektes Ende alleine macht die Geschichte nicht zum Highlight. Ich hätte mir mehr Rabbit, mehr die Dramatik einer Krebsgeschichte und noch mehr Emotionen gewünscht. Bitte nicht falsch verstehen, "Die letzten Tage von Rabbot Hayes" sind ein Pageturner, dessen Figuren alle für sich lesenswert sind und dessen Schreibstil humorvoll und tragend ist, aber das letzte Bisschen zu einem wahren wow fehlt einfach.