Rezension

Sehr gut

Lotusblut - Judith Winter

Lotusblut
von Judith Winter

Bewertet mit 5 Sternen

Meine Meinung:
Inhalt
Wieso verschwindet nur das 10-Jährige Mädchen Kaylin ständig und vor allen Dingen: Wo mag sie sich aufhalten? Em und Zhou sind der Verzweiflung nahe, denn nicht nur, dass sie einen Doppelmord aufklären müssen, nein, sie tappen auch was den Aufenthaltsort des Mädchens betrifft, völlig im Dunkeln.
Das Ermittlerduo muss einiges ans Tageslicht bringen, damit sie Kaylin und der Auflösung des Falls näher kommen, doch werden sie es überhaupt schaffen?

»Woher ihre Freundin die Energie nimmt, von morgens bis abends durch Felder, Wald und Wiesen zu streifen, ist Mellie völlig schleierhaft. Sie selbst würde sich am liebsten irgendwo in einer kühlen Ecke verkriechen und ein Buch lesen.«
Zitat aus: "Lotusblut"

Charaktere
Em ist eine knallharte Ermittlerin. Was sie will, bekommt sie und dabei ist es ihr auch völlig egal, was die Anderen über sie denken. Sie hat sich im Laufe der Zeit ein richtig dickes Fell zugelegt, welches auch nötig ist, um in diesem Beruf, in dem es nur so von Männern wimmelt, auch ernst genommen zu werden. Doch, wie sollte es anders sein: Hinter ihrer harten Schale, befindet sich ein ebenso weicher Kern.
Zhou möchte alles richtig machen und handelt dabei meist nach den Vorschriften. Meist deshalb, weil sie die Vorschriften, seit sie mit Em zusammenarbeitet auch mal einfach links liegen lässt. Zwar bereitet ihr dies ein paar Bauchschmerzen, diese sind jedoch schnell wieder abgeheilt.
Zhou handelt erst, wenn sie sich die Dinge noch mal durch den Kopf hat gehen lassen. 

»Das Leben, Zhou Nusheng", sagte er im selben ruhigen Tonfall wie zuvor, "ist ein Ozean an Möglichkeiten. Aber wenn man lange genug die Strömung studiert, erkennt man, welche Kräfte und Gelegenheiten den Fluss des Wassers lenken."«
Zitat aus: "Lotusblut"

Gesamt
Judith Winter schafft es, ihre Leser an das Buch zu binden und es nicht mehr aus der Hand legen zu wollen. Ihr Schreibstil ist außerordentlich gut und weist ein enormes Tempo auf.
Die Geschichte nimmt rasant an Fahrt auf. Man möchte wissen, warum sich die Morde zugetragen haben und natürlich ebenfalls, wo das Mädchen nur stecken könnte.
Erzählt wird dieser Thriller aus verschiedenen Sichten, was ich sehr interessant fand. Nicht nur die beiden Ermittlerinnen ergreifen das Wort, nein, wir begleiten auch die kleine Kaylin auf ihren Weg und bekommen ihre Gedankengänge mit. Diese scheinen auf den ersten Blick etwas wirr und man weiß nicht, was sie zu bedeuten haben, doch irgendwann lichtet sich die Wolkendecke und man bekommt einen äußerst gelungenen "Aha-Effekt" vor die Füße geworfen...
Bis es so weit ist, müssen sich die einzelnen Erzählstränge allerdings erst noch zu einem Ganzen zusammen fügen...
Besonders gut finde ich Em, die mir mit ihren Gedankengängen sehr oft ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hat.

»Emilia Capelli, genannt Em, verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. Sie hatte Hunger. Sie hatte Kopfschmerzen. Ihr gegenüber saß Zhou und wartete auf etwas, das sie nicht zu geben bereit war. Und was noch weit unangenehmer war: Sie musste dringend aufs Klo. Kurz gesagt: Sie hatte einen rundum gelungenen Abend.«
Zitat aus: "Lotusblut"

Ihre offene und trockene Art mochte ich schon in "Siebenschön". Sie ist einfach wie sie ist und versucht sich durchzusetzen, was ihr bei einem solchen Charakter auch stets gelingt. Ihre Beziehung zu ihrer Partnerin Zhou hat sich verändert. Zwar sind sich die Beiden noch nicht so nah, wie es andere Ermittler vielleicht sind, doch ich denke, dass sich das im Laufe dieser Reihe noch ändern wird. Die Zwei beäugen sich noch etwas misstrauisch und wissen nicht so recht, wie sie miteinander umgehen sollen und doch sind sie ein echt gutes Team und ergänzen sich echt großartig. Em, die gerne mit dem Kopf durch die Wand möchte und Zhou, die sie gern mal zurück halten würde. Meist ist es Em, die ihre Kollegin mitreißt und die Vorschriften einfach mal eben links liegen lässt. Ich kann sagen, dass mir die Beiden absolut sympathisch sind und, was mir enorm wichtig ist: Absolut authentisch rüber kommen.
Der Fall, in dem Zhou und Em ermitteln hat es in sich. Es wurde ein Ehepaar ermordet aufgefunden, deren Tat natürlich aufgeklärt gehört. Doch zu allem Überfluss ist die Zeugin, wegen einer Unachtsamkeit auf einmal wieder verschwunden. Bei dieser Zeugin handelt es sich um die zehn Jährige Kaylin. Wo mag sich das Mädchen aufhalten? Warum ist es von der Polizei weggelaufen? Und was hat das alles mit dem Mord zu tun? Bis wir dies erfahren, erleben wir eine enorm spannende Geschichte die, wie schon gesagt, auktorial aus verschiedenen Sichten geschildert wird. Erneut führte mich Judith Winter in verschiedenen Sackgassen und ließ mich sprachlos zurück. Ich habe keine Ahnung, wie sie es schafft, mich immer wieder absolut im Dunkeln tappen zu lassen, denn ich hatte zu keiner Zeit irgendeinen blassen Schimmer, warum sich das alles so zugetragen hat. Für mich jagte ein Höhepunkt den nächsten und ließ mir kaum Zeit Luft zu holen.
Am Ende hat mich die Auflösung von allem genau so überzeugen können, wie das gesamte Buch. Ich bin schon sehr gespannt wann es mit Em und Zhou weiter gehen wird.

In Kürze:
Positiv
Ich mag den temporeichen Schreibstil von Judith Winter sehr.
Verschiedene auktoriale Erzähler.
Sehr spannend.
Unvorhersehbar.
Die Ermittlerinnen sind äußerst sympathisch.
Gelungene Auflösung, auf die ich niemals gekommen wäre.

Negativ 
Nichts

Fazit:
"Lotusblut" lässt sich sehr leicht lesen und ist von der ersten bis zur letzten Seite äußerst spannend. Gespickt wurde der überaus gute Plot mit einem sehr außergewöhnlichen Ermittlerpärchen, welches mir mit ihren Wortgefechten sehr viel Freude bereitet hat.

Reihe:
1. Siebenschön
2. Lotusblut
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