Rezension

Seltsam ist das richtige Wort bei diesem Buch.

Die Seltsamen - Stefan Bachmann

Die Seltsamen
von Stefan Bachmann

Bewertet mit 3.5 Sternen

Zum Inhalt:

Im englischen Bath regnen große, schwarze Federn vom Himmel. Wenige Zeit später verschwindet die komplette Stadt mitsamt ihren Einwohnern spurlos, zahlreiche Menschen sterben. Nach einem blutigen Krieg mit den Sidhé genannten Wesen, die aus einem Portal auftauchen, leben diese in England Tür an Tür mit den Menschen. Es ist ihnen verboten, ihre Kräfte auszuüben, und viele von ihnen vegetieren in Elendsvierteln vor sich hin und verrichten niedere Arbeiten. Verboten ist auch eine Vermischung beider Rassen – Mischlingskinder werden als „Seltsame“ bezeichnet und vom Mob gejagt. Deshalb stört es auch niemanden, dass es plötzlich mehrere Fälle entführter Mischlingskinder gibt, die alle kurz darauf tot aufgefunden werden.

Bartholomew ‚Barthy‘ Kettle und seine kleine Schwester Hettie leben in einem der Slums von Bath und sind ebenfalls Mischwesen. Als eine mysteriöse Frau mit zwei Gesichtern im Viertel auftaucht und eine gruselige Kreatur an Hetties Bett jede Nacht schauerliche Wiegenlieder singt, wird Barthy klar, dass sie in großer Gefahr sind. Zeitgleich gerät der unbedarfte Parlamentsabgeordnete Arthur Jelliby mitten hinein in eine Verschwörung, in der der zwielichtige Politiker Mr. Lickerish, selbst ein Sidhé, die Fäden in der Hand zu halten scheint.

 

Meine Meinung:

Auf dieses Buch stieß ich durch die groß angelegte, durchaus gelungene Marketingkampagne des Verlages, die dem Buch sogar eine eigene Homepage mit Blog und Newsletter widmete. Zusammen mit Oskar (dem Assistenten eines in Bath getöteten Forschers) und Lizzy (der Tochter des Forschers) sollte das Geheimnis um die schwarzen Federn nach und nach mit den Lesern gelöst werden. Umso überraschter war ich, dass die beiden Figuren in dem Buch gar keine Rolle spielten, da die Handlung erst etliche Jahre nach den auf dem Blog geschilderten Geschehnissen einsetzt. Mir ist immer noch nicht ganz klar, wie ich die Handlung um Barthy und Mr. Jelliby mit Oskar und Lizzy zusammenbringen kann... (Wer mich diesbezüglich aufklären kann - bitteschön!)

Ich habe tatsächlich lange gebraucht, diese Rezension zu schreiben, nachdem ich das Buch ausgelesen hatte. Denn ich kann mich einfach nicht entscheiden, wie ich es finden soll. Letztendlich trifft es der Titel schon ganz gut: Ich fand das Buch seltsam. Was aber nicht unbedingt schlecht sein muss.

Laut meiner Information können „Die Seltsamen“ dem Genre des Steampunks zugeordnet werden. Ich konnte mit dem Begriff bis dato nichts anfangen, aber mir ist es eigentlich auch egal, um welches Genre es sich hier handelt, da es mir nur darum geht, ob das Buch mir gefällt oder nicht. Vielleicht ist es aber für andere wichtig, weshalb ich es erwähnt haben möchte.

Mir ist immer noch etwas unklar, welches Alter die Zielgruppe haben soll. Ich hatte sogar anfänglich gelesen, es handle sich hier um ein Kinderbuch, aber dem muss ich vehement widersprechen! Selbst als Jugendbuch ist es eher für ältere Jugendliche geeignet. Die Grundstimmung im Buch ist sehr düster und beklemmend, manche Szenen fand ich tatsächlich ziemlich gruselig und konnte sie mir wirklich gut in einem Horrorthriller vorstellen. Die Handlung ist dann auch durchgehend ernst, es gibt keine witzigen oder ironischen Stellen, was ich etwas schade fand, aber nun gut, es hätte wohl auch nicht gepasst.

Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Barthy und Mr. Jelliby (3. Person) erzählt. Jedes Kapitel endet mit einem fiesen Cliffhanger, was die Spannung aufrechterhält, so dass man ganz schnell weiterlesen möchte.

Die Figuren ließen mich irgendwie relativ kalt. Barthy und Hettie sind zwei liebenswerte Kinder, aber das war es auch schon. Mr. Jelliby schlittert in die Verschwörung völlig ungewollt rein und schert sich auch anfangs wirklich nicht um die toten Kinder oder um Barthy. Immerhin entwickelt sich seine Figur sehr stark im Laufe der Geschichte, so dass ich ihn am Ende sogar wirklich sympathisch fand. Mit Mr. Lickerish schuf der Autor den Bösewicht par excellence. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, und bei manchen kann man sich nicht sicher sein, ob sie nun zu den Guten oder Bösen gehören.

Die Beschreibungen der Figuren und Orte sind sehr detailliert, man kann sich alles gut vorstellen und hat förmlich das düstere, versiffte Bath und London mit seinen Armenvierteln vor Augen. Trotz der Detailverliebtheit fehlten mir allerdings einige Sachen, z. B. hätte ich gerne mehr über die Sidhé an sich erfahren, ihre verschiedenen Kräfte und über den Krieg. Vielleicht kommt das ja noch im 2. Band.

Der letzte Teil des Buches verspricht nochmal viel Spannung, schließt allerdings mit einem fiesen Cliffhanger, was ich persönlich auch bei Buchreihen immer ziemlich unschön finde. Ich mag es einfach nicht, wenn der Leser bis zum Erscheinen des nächsten Bandes total in der Luft hängen gelassen wird.

Alles in Allem ist dieses Buch im Hinblick auf mein bisheriges Leseverhalten was Neues gewesen, und ich denke, ich werde mir auch den 2. Band, der im Herbst 2014 erscheinen soll, zu Gemüte führen. Mit „Die Seltsamen“ hat der noch junge Stefan Bachmann, der das Buch mit 16 Jahren schrieb, ein ordentliches Debüt hingelegt, seine vielgepriesene Genialität hat mich jedoch nicht vom Hocker gerissen.