Rezension

Ein Justizkrimi vom Feinsten

Der 1. Patient -

Der 1. Patient
von Michael Tsokos

Bewertet mit 5 Sternen

„...Denn was ist, wenn diese großartige KI, von der Sie da erzählen, einen Fehler macht? Und einen Fall falsch einschätzt? Eine schlimme Krankheit nicht richtig beurteilt und auf ihrer Warteliste falsch priorisiert?...“

 

In einer Fernsehdiskussionen treffen die renommierte Chirurgin Sasha Müller und Professor Doktor Gunther Sonnenberg aufeinander. Sie wirbt für den Einsatz der KI im Operationssaal, er sieht zwar die Vorteile der Technik, aber auch deren Gefahren.

Die Autoren haben erneut einen spannenden Justizkrimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Der Schriftstil ist ausgereift. Das zeigt sich insbesondere dann, wenn fachliche Zusammenhänge verständlich erklärt werden.

Zwei Wochen sind seit dem Streitgespräch vergangen, als bei einer Routineoperation von Sasha Müller der Patient noch auf den OP – Tisch stirbt. Das Kontrastmittel hat zu einem anaphylaktischen Schock geführt.

Die Ärztin wird wegen fahrlässiger Tötung angezeigt. Doch lag der Fehler nicht bei der KI? Deren Behandlungsplan wurde von der Ärztin akribisch umgesetzt.

Als Verteidiger der Ärztin fungiert Rechtsanwalt Rocco Eberhardt. Er hatte sich nach seinem letzten Fall eine Auszeit gegönnt und steigt nun voll wieder ein.

Gut dargestellt werden die aktuellen Probleme im Gesundheitssystem.

 

„...Der Fachkräftemangel hatte längst das Gesundheitssystem erreicht, und die Chefin hatte erst kürzlich erklärt, dass sie selber immer weniger Einfluss auf die Zusammenstellung des Teams hatte. An manchen Tagen konnte sie froh sein, wenn sich überhaupt genug Ärzte zur Arbeit meldeten...“

 

Natürlich ist auch die schwedische Firma, die die KI entwickelt hat, in den Fall involviert. Spannend fand ich in dem Zusammenhang, wie zum Teil mit den Gründern erfolgreicher Startup – Unternehmen vorgegangen wird.

 

„...Dieser Andersson hat mit seinem Kumpel zusammen die Firma gegründet, ist aber seit einiger Zeit nicht mehr in der Geschäftsführung. Sieht so aus, als ob sie ihn vor dem Börsengang gekickt und in den Aufsichtsrat verbannt hätten...“

 

Was Tobi, Freund von Rocco, der für ihn oft Hintergrunduntersuchen übernimmt, nicht weiß, ist, dass danach von Anderssons Idealismus in der Firmenphilosophie nicht mehr viel übrig geblieben ist. Jetzt lässt der Gerichtsfall den Aktienkurs ins Bodenlose stürzen.

Schnell ist auch die Presse zur Stelle. Die Journalistin Jule sieht ihre große Chance gekommen, sich zu profilieren. Erste Schlagzeilen im Internet sorgen für das Interesse der Öffentlichkeit. Über die weiteren Spielchen der Presse möchte ich hier kein Wort verlieren.

Sehr detailliert wird auf das Thema der Künstlichen Intelligenz eingegangen.Die unterschiedlichen Arten und deren Möglichkeiten werden allgemeinverständlich erläutert. Das alles wird so gekonnt in die Handlung integriert, dass es den Spannungsverlauf nicht tangiert,

Die Gerichtsverhandlung scheint wie gewohnt zu verlaufen. Doch je mehr Zeit vergeht, desto mehr hinterfragt Rocco seine Vorgehen.

 

„...Seine Intuition sagte ihm, dass irgendetwas hier nicht stimmte und er etwas übersehen hatte. Er hatte keine Ahnung, was es sein konnte, und war daraufhin alle Akten und Informationen , die ihm zur Verfügung standen, erneut durchgegangen. Ohne Ergebnis….“

 

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es verbindet Spannung mit einer Menge an Sachinformationen und spart nicht mit Gesellschaftskritik.