Rezension

Interessant, aber nicht ganz ausgereift

Soul Beach 01. Frostiges Paradies - Kate Harrison

Soul Beach 01. Frostiges Paradies
von Kate Harrison

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ich bin nicht sicher, ob ich schon vor Meggie ein Einzelgänger gewesen bin; jetzt bin ich notwendigerweise zu einem geworden. Es gibt Momente, in denen der Drang, mich jemandem anzuvertrauen, alles zu gestehen, meine Seele zu öffnen, beinahe genauso überwältigend ist wie der Instinkt, der die Tat selbst herbeigeführt hat, die ich jetzt verborgen halten muss. Aber mein wahres Ich muss für sich bleiben. Und dabei muss ich stets so tun, als wäre ich ganz normal.
Um einen Mord zu begehen, bedarf es nur einen kurzen Moments der Schwäche.
Um deine Freiheit zu behalten, bedarf es lebenslanger Konzentration.

--

INHALT:
Vor 4 Monaten wurde Alice' Schwester Meggie ermordet, und der Verlust hat schwer in ihr Leben und das ihrer Familie eingegriffen. Pünktlich zur Beerdigung des jungen Mädchens findet sie jedoch eine E-Mail in ihrem Posteingang - von Meggie! Sie wird an den "Soul Beach" eingeladen, wo die schönen und jungen Toten leben. Alice kann nicht fassen, dass sie ihre Schwester wieder hat und ist überglücklich. Aber über der Freude der Beiden schwebt auch die Ahnung, dass irgendetwas seltsam ist...

MEINE MEINUNG:
"Frostiges Paradies" ist der 1. Band der Soul Beach-Trilogie von Kate Harrison, der durch die Verwebung von Leben und Tod mit dem Internet sehr schnell Interesse weckt. Hinzu kommt noch das Rätselraten um den Mörder der Schwester von Alice, dessen Lösung wird hier jedoch noch nicht gefunden. Der Schreibstil ist sehr flüssig und angenehm zu lesen, wird nur manchmal in den Gedankengängen etwas zu umgangssprachlich. Durch die vielen Dialoge und die lockere Art der Erzählung wird das Werk zu einem ziemlichen Pageturner, da die Kapitel oftmals mit Cliffhangern enden. Erzählt wird das Ganze dabei aus der Ich-Perspektive der Hauptperson, zwischenzeitlich kommt jedoch auch der Mörder zu Wort.

Alice ist eigentlich eine recht sympathische Protagonistin, die jedoch einen definitiven Hang zur Unentschlossenheit zeigt. Mal ist sie jener Ansicht, dann jener Meinung - ihre Schwankungen in diesem Bereich, vor allem in Verbindung mit ihrer Naivität, gingen mir manchmal etwas auf die Nerven. "Soul Beach" hinterfragt sie kaum, und wenn doch, hört sie hauptsächlich nur auf die Aussagen der Gäste dort, anstatt selbst nachzudenken. Meggie dagegen ist jemand, der mich persönlich zwiegespalten zurückließ - auf der einen Seite macht sie sich Sorgen um ihre Schwester und ist froh über ihre Anwesenheit, auf der anderen Seite ist sie eine eher egoistische junge Frau, die immer im Mittelpunkt stehen will, was glaubwürdig wirkt, aber nicht immer Sympathien weckt.

Die sonstigen Charaktere überzeugen besonders dadurch, dass sie sich voneinander unterscheiden und alle eine andere Hintergrundgeschichte haben - da ist die tote Triti, ein Mädchen voller Verzweiflung; der ebenfalls tote Danny, der sich nach etwas sehnt, das er nicht haben kann; oder Alice' flippige beste Freundin Cara, die versucht, zu ihr durchzudringen, und dabei doch immer wieder scheitert. Einige Figuren, insbesondere die Eltern, bleiben etwas blass, insgesamt können die meisten jedoch durchaus mit angemessener Vielschichtigkeit punkten.

Die Geschichte selbst ist von der Idee her absolut etwas Neues und zieht trotz wenig Action schnell in den Bann. Kate Harrison konzentriert sich dabei eher auf das Wiederfinden der beiden Schwestern und die Thematik des "Lebens nach dem Tod" als auf die Suche nach dem Mörder, die kaum voran kommt. Vor allem, weil Alice irgendwann beschließt, lieber jemand anderem aus dem Paradies zu helfen als ihrer eigenen Schwester - dies ist zwar unverständlich, die Dinge, der sie dabei auf die Spur kommt, halten aber dennoch bei Laune. Gleichzeitig werden durch einige Aspekte jedoch auch wieder Fragen aufgeworfen, weswegen man das Gefühl hat, dass das Ganze eher auf der Stelle tritt.

Das Problem ist leider einfach, dass dem Leser nichts erklärt wird. Wer hat "Soul Beach" erschaffen, wie funktioniert es und weshalb fühlt es sich so realistisch an? Wie kann es sein, dass Alice durch den PC hindurch die Hitze und Düfte wahrnimmt? Was ist der Zweck des Ganzen? Durch die wenigen Auflösungen wirkt das Ganze, als würde die Autorin das Buch künstlich in die Länge ziehen, um drei draus machen zu können. Da hilft auch die sehr plötzliche und doch recht kitschige Liebesgeschichte nicht, die auf mich sehr unglaubwürdig wirkte. Immerhin macht das Ende Lust auf mehr - schließlich will man ja immer noch wissen, wer nun eigentlich für Meggies Tod verantwortlich ist...

FAZIT:
Der Auftakt der "Soul Beach"-Reihe von Kate Harrison hat ein interessantes Thema und lebt vom atmosphärischen Schreibstil, der einen das Buch sehr schnell lesen lässt. Leider wirkt das Ganze durch die wenigen Informationen und einige unnötige Ausführungen manchmal auch wie in die Länge gezogen. Insgesamt jedoch ein Werk, das einen Blick wert ist. Knappe 3,5 Punkte, hier abgerundet auf 3.