Rezension

schnörkellos und absolut fesselnd

Fünf Winter -

Fünf Winter
von James Kestrel

Bewertet mit 5 Sternen

Das Buch hat meine Erwartungen übertroffen und mich auf eine Weise mitgenommen, wie es bei mir selten der Fall ist. Dabei war ich mir nach der inhaltlichen Kurzbeschreibung keinesfalls sicher ob ich eine solche Geschichte mögen würde. Aber irgendetwas daran hat mich dennoch angezogen – zum Glück.
-Poetisch, gewalttätig, intelligent, atemberaubend, überwältigend, diese Geschichte über Liebe, Mut, Entbehrungen und Hingabe ist unvergesslich –  heißt es auf dem rückwärtigen Cover (The Wall Street Journal und Publishers Weekly). Solche wortgewaltigen Lobeshymnen machen mich mittlerweile eher skeptisch, doch hier kann ich tatsächlich jedes Wort unterschreiben.

Die Geschichte beginnt im Dezember 1941 in Honolulu. McGrady wird mit der Aufklärung von zwei brutalen Morden beauftragt und während er den sich abzeichnenden Spuren bis nach Hongkong folgt, bricht der Krieg in der Region endgültig aus. Er gerät in Gefangenschaft, die einen für ihn überraschenden Verlauf nimmt und für sein weiteres Leben prägend sein wird. Nach Kriegsende kehrt er zurück an den Ausgangspunkt seiner Ermittlungen, aber die Dinge auf Hawaii haben sich geändert. Die dortige Polizei legt keinen Wert mehr auf die Aufklärung der Morde, doch McGrady, nach allem was er erlebt und erfahren hat, mehr denn je…

Dass mir dieser Roman so gut gefallen hat, liegt ganz sicher mehr am Erzählstil des Autors als am Inhalt. In Zeiten des Krieges geht es hart und grausam zu, Kestrel schreibt ohne zu beschönigen, bleibt aber stets sachlich, so dass ich mit der Härte und dem Grauen umgehen konnte. Mit seiner schnörkellosen Sprache, wenigen, aber dafür umso eindringlicheren  Metaphern und den knappen, lakonischen Dialogen hat er mich in die Geschichte gesogen und von Anfang bis Ende gefesselt.

Mit dieser ebenso schnörkellosen wie treffsicheren Eindringlichkeit gestaltet der Autor auch seine Figuren. Show, don`t tell muss ihm keiner erklären. Für meinen Geschmack macht er das genial. Sie wirken so echt und überhaupt nicht klischeehaft, nicht nur McGrady, sondern auch bis in die kleinste Nebenrolle.

Und dann gibt es auch noch die Liebe. Gemessen an Worten oder Seiten nimmt sie nicht wirklich viel Raum ein – und ist irgendwie doch immer präsent.

Ich stehe auf solche Geschichten, in denen nicht viel unnütze Worte gemacht werden, dem Leser Raum für Interpretationen und Emotionen bleiben, die man aufmerksam lesen muss, weil immer wieder Unausgesprochenes zwischen den Zeilen schwingt. Auf diese klugen, desillusionierten, leidensfähigen Helden, die sich selbst stets treu bleiben und unter der harten Oberfläche zu tiefen Gefühlen fähig sind.

Für mich ein absolutes 5-Sterne-Buch.