Rezension

Spionage-Krimi mit Schwarz-Weiß-Film-Flair

Fünf Winter -

Fünf Winter
von James Kestrel

Bewertet mit 4 Sternen

Detective McGrady hat in Honolulu den Mord an einem Paar aufzuklären. Aufgrund der Kriegswirren der 1940er-Jahre schafft er es erst nach fünf Wintern, dem Doppelmord auf die Spur zu kommen.

"Fünf Winter" von James Kestrel ist ein beachtlicher Krimi im unvergleichlichen Stil, der sich durch eine interessante Geschichte und einer ungewöhnlichen Erzählweise auszeichnet.

Auf den Klappentext gehe ich diesmal weniger ein, weil dieser meiner Meinung nach zu viel von der Geschichte verrät. Es geht jedenfalls darum, dass auf Honolulu ein grausiger Mord an einem Mann und einer Japanerin geschieht. 

Im Krimi-Stil werden die Ermittlungen aufgenommen und Detective McGrady wird mit dem Fall betraut. Bereits eingangs beweist der Detective sein kriminalistisches Geschick, indem er Spuren findet, die bei oberflächlicher Betrachtung verborgen sind. Er merkt, dass die Motive und die Morde selbst verstrickter sind, als es den Anschein hat. Fest entschlossen geht er auf Mörderjagd. 

Umrahmt werden die Ermittlungen von McGradys Leben, welches sich vom herkömmlichen Krimi-Ermittler der Gegenwart unterscheidet. Er ist ein alleinstehender Mann mit reichlich Kriegserfahrung, der um die Gunst einer Frau wirbt, worin die Leser:innen Einblick erhalten. 

Doch die Handlung ist in den 1940er-Jahren angesiedelt und während McGrady in Hong Kong einem Hinweis nachgeht, fängt für die USA der Zweite Weltkrieg an. Somit werden sämtliche Vorhaben durcheinander gebracht und McGrady befindet sich im Feindesland in größter Gefahr. Dennoch wird es eine Erfahrung, die für den Fall prägend ist.

Neben dem Zweiten Weltkrieg und den Ermittlungen pflastern faszinierende Frauen-Bekanntschaften McGradys Weg, die schwierig zu beschreiben, aber für den Handlungsverlauf bestimmend sind. 

Die Handlung war grandios eingefädelt und ließ mich am Ende staunend zurück. Dabei basiert diese, meinem Eindruck nach, auf dem Prinzip, dass man sich immer zweimal im Leben trifft, und das Schicksal keinen Deut auf die Pläne eines Menschen gibt. Jedoch fallen einige Logikfehler auf, die dem Krimi die Wirkung nehmen. 

Bemerkenswert ist der Erzählstil, dem sich James Kestrel bedient. Für mich fühlte sich der Krimi wie ein alter Schwarz-Weiß-Spionagefilm auf der Kinoleinwand an. Beim Lesen hatte ich das gesamte Geschehen in Grautönen vor Augen und manchmal bildete ich mir ein, dass das Bild flimmerte und knisterte. Gelernt habe ich dabei, dass diese Art des Erzählens Cinemascope-Format genannt wird. Einerseits empfand ich es als höchst interessant, fesselnd und andersartig. Andererseits wirkten manche Passagen abgehackt und gewöhnungsbedürftig auf mich.

„Es fühlte sich an, als säße er in einem Kino und schaute sich einen düsteren Film an. Als würde er durch einen schwarz-weißen Traum geführt, einen Strom unterbewusster Bilder.“ (S. 249 - 250)

Zum imposanten Erzählstil kommen die Schauplätze, welche die Besonderheit dieses Werks abrunden. Vordergründig ist Japan. Mit dem Abtauchen in die japanischen Kultur konnte mich James Kestrel an die Seiten fesseln. Obwohl einleitend die Ereignisse auf Honolulu ebenso interessant waren, hatte ich den Eindruck, dass es sich - dem Autor entsprechend - um eine sehr amerikanische Perspektive auf die Stimmung zu jener Zeit handelt. In Japan sind es Sprache, das Leben während des Kriegs und die in Trümmer liegenden, glosenden Städte, die nachhallenden Eindruck hinterlassen.

Obwohl mich der Autor mit all diesen Besonderheiten beeindruckt hat, konnte mich die cinemascopische Herangehensweise nicht vollständig überzeugen, weil für mich die Epik des Werks darin versunken ist.

Meine Empfehlung geht an Leser und Leserinnen, die sich auf eine cineastische Reise während der Wirren des Zweiten Weltkriegs nach Japan begeben möchten und den Schwarzweißfilm-Flair jener Zeit fühlen wollen.