Rezension

Wie menschlich ist der Mensch?

Die fünfte Welle. Band 01
von Rick Yancey

Bewertet mit 4.5 Sternen

Von diesen Außerirdischen kann selbst Gott mit seinen Strafen noch lernen. Von wegen Heuschrecken oder jeden Erstgeborenen umbringen. Nein, die "Anderen" arbeiten schon ein bisschen effizienter. Zuerst wird sämtliche Energie und Technik ausgeschaltet (wobei das ja in Amerika nicht so das Problem sein sollte), dann kommen Überschwemmungen, dann eine Seuche, dann Sniper (oder Silencer, wie sie hier genannt werden: Menschen, die die "Seele" eines Anderen in sich tragen, aussehen wie Menschen, sich benehmen wie Menschen und ja - auch töten wie Menschen. Aus der Entfernung, mit Snipern, erledigen sie die wenigen, die irgendwie überlebt haben.
Cassie ist eine dieser wenigen Überlebenden. Nachdem ihre Mutter der Seuche erlegen ist, war sie mit ihrem Vater und ihrem fünfjährigen Bruder auf dem Weg zu einem Militärstützpunkt, in der Hoffnung, andere Überlebenden anzutreffen. Noch bevor sie dort ankommen, begegnen sie auch tatsächlich welchen und schaffen sich ein Fluchtlager. Als nach einigen Tagen endlich die heißersehnte Armee auftaucht, schöpft auch keiner Verdacht, als die Soldaten nur die Kinder mitnehmen - wir kommen später wieder und holen euch, heißt es. Doch was "holen euch" wirklich bedeutet, bekommt die sechszehnjährige Cassie auf grausame Art und Weise zu spüren.
Wieder auf der Flucht, dieses Mal gänzlich auf sich allein gestellt, wird sie von einem Silencer angeschossen und ...

An dieser spannenden Stelle gibt es einen Schwenk zu dem Silencer, der sich gegen seine Menschlichkeit stemmt, gegen sein Außerirdischsein, gegen das, was er zu tun programmiert ist. Einen weiteren Schwenk gibt es zu Ben Parish, den Cassie aus der Schule kannte und in den sie ziemlich verknallt ist. Er hat es in das Militärläger geschafft und wird nun zu einem knallharten Soldaten ausgebildet - die letzte Hoffnung der Menschheit, heißt es. Der Drill ist hart, aber die wenigen Überlebenden, die es gibt, sind nicht die Schwachen, das ist Fakt. Und auch nicht die Dümmsten, und das werden auch die Anderen erfahren müssen.

Dieses Buch greift das Thema Dystopie mal von einer anderen Seite auf. Hier gibt es keinen Außerirdischen á la E.T. und es kommt auch nicht zu heroischen Schlachten in Form von Independence Day. Die Unabhängigkeit ist schon lange verloren, bevor die erste Welle in Form des Energieausfalls eintrat. Diese Außerirdischen sind intelligent und sie haben sich durch die Hintertür eingeschlichen: ins menschliche Gehirn. Wem kann man also noch trauen? Oder ist es besser, lieber der letzte Mensch auf Erden zu sein und andere zu erschießen? Die fünfte Welle wird es zeigen, und ich bin gespannt auf die weiteren Bücher der Trilogie. (Heutzutage funktionieren Dystopien nicht mehr als Einteiler, oder?)
Tatsache ist, dass eine Menge Fragen aufgeworfen worden sind, denn manche Sachen erscheinen recht unlogisch, allerdings kann ich aus Spoilergründen hier keine nennen. Sollte also Yancey in der Lage sein, diese spannenden Ereignisse in den Folgebüchern fortzuführen und diese Fragen logisch zu beantworten, habe ich eine weitere Lieblingsdystopie gefunden.

Fazit: unbedingt lesenswert!