Rezension

Bittersüße, in Teilen melancholische Geschichte über Liebe und Selbstbestimmung mit Sommeratmosphäre in Südfrankreich.

Nachts erzähle ich dir alles -

Nachts erzähle ich dir alles
von Anika Landsteiner

Bewertet mit 4 Sternen

Nach der Trennung von ihrer Freundin und gestresst von der Tätigkeit als Selbstständige nimmt sich Léa auf Anraten ihrer Mutter Brigitte eine Auszeit und reist nach Südfrankreich, wo die Familie ein Ferienhaus besitzt. Am ersten Abend begegnet ihr dort ein Mädchen, das den verlassenen Garten öfter aufgesucht hatte. Sie unterhalten sich und Léa mag Alice auf Anhieb, lädt sie ein jederzeit wieder zu kommen. Wenig später erfährt Léa, das Alice noch in der selben Nacht ums Leben gekommen ist. Ihr Bruder Émile, der in Frankreich ein bekannter Podcaster ist, sucht nach Antworten. Gemeinsam versuchen sie mehr über die Hintergründe von Alices Tod herauszufinden und kommen sich dabei näher. Léa verliebt sich in den jüngeren Mann, weiß jedoch nicht, wie es nach dem Sommer mit ihnen weitergehen soll. Gleichzeitig hat sie das Gefühl, dass ihre Mutter ihr ein nicht unwesentliches Detail aus ihrer Vergangenheit verschwiegen hat. Dabei stand sie ihrer Mutter, die sie allein großgezogen hat, doch immer so nahe.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Léa erzählt und in einzelnen Kapiteln durch eine Art Brief der besten Freundin von Léas Mutter, die sich direkt an Léa wendet und aus ihrem Leben und von der Liebe erzählt.

Léa möchte ihr Beziehungsende verarbeiten, sucht nach Ruhe und sehnt sich nach Heilung ihres gebrochenen Herzens. Der Schauplatz Südfrankreich und die Urlaubsatmosphäre, die sich unmittelbar durch die Szenerie in der Villa, die sonnigen Tage am Pool und die mediterrane Sommerküche einstellt, scheinen dafür ideal.

Der unerwartete Tod des Mädchens, das Léa nur flüchtig kannte, drückt die Stimmung, lenkt Léa jedoch von ihren eigenen Problemen ab und führt dazu, dass sie den attraktiven Émile kennenlernt. Beide finden im anderen einen Halt, Sehnsüchte werden gestillt, die Einsamkeit vergessen. Die junge, wenn auch unsichere Liebe sorgt für ein wenig Leichtigkeit in der Geschichte, in der Trauer, gebrochene Herzen und schwerwiegende persönliche Fragen und Unsicherheiten, der Wunsch nach Selbstbestimmung und Unabhängigkeit und freie Liebe neben den vielschichtigen Beziehungen dominieren.

Der Roman handelt von der Liebe in all ihren Facetten ohne eine klassische Liebesgeschichte zu sein. Es geht um Vertrauen und Loslassen können und das Leben im Augenblick ohne Angst und Reue. Einen ganz wesentlichen Part nimmt dabei die kritische Auseinandersetzung mit der Entscheidungsfreiheit von Frauen, der Umgang mit ungewollten Schwangerschaften und Elternschaft ein.

Es ist eine bittersüße, in Teilen melancholische Geschichte, bei der am Ende ein positives Gefühl überwiegt, finden die Protagonisten doch letztlich Gewissheit und zu innerer Zufriedenheit.