Rezension

Lass mal ehrlich zu uns selber sein

Nachts erzähle ich dir alles -

Nachts erzähle ich dir alles
von Anika Landsteiner

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Nacht erzähle ich dir alles“ kommt eigentlich auf den ersten Blick wie ein leichtes Sommerbuch daher mit seinem Setting an der Côte d’Azur und den nächtlichen Gesprächen über Vergangenes und bevorstehendes Leben. Doch innerhalb dieser Gespräche erfahren die beiden Protagonisten nicht nur mehr über sich selbst, sondern auch über die Menschen, die ihre Leben berührten. Ein schönes Buch mit feinfühliger Emotionalität über ein Leben in Selbstbestimmung.

 

Zum Inhalt: Léa flüchtet sich vor ihrem stressigen Alltag in das Familienanwesen in Südfrankreich. Viel zu lange war sie schon nicht mehr dort und weiß eigentlich nicht mal, warum. An ihrem ersten Abend trifft sie auf ein junges Mädchen, das neugierig über das Anwesen streift. Die beiden unterhalten sich und Lea hat das Gefühl dem Mädchen etwas mitgeben zu müssen, ihr eine Freundin sein zu müssen. Am nächsten Tag erfährt sie vom Tod der jungen Frau. Als ihr Bruder auf der Suche nach Antworten bei Léa aufschlägt, verändert sich ihrer beider Leben unweigerlich.

 

Dieses Buch greift viele Themen auf, die Frauen beschäftigen. Nicht nur kommt Léa gerade aus einer gescheiterten Beziehung und fühlt sich unzulänglich, die fühlt sich auch plötzlich zu einem jüngeren Mann hingezogen, dessen Lebensstil sie eigentlich nichts abgewinnen kann. Und gleichzeitig macht sie ein paar Entdeckungen das Leben ihrer Mutter betreffend. Und auch Emile muss erkennen, dass seine Schwester Geheimnisse hatte, die sie ihm nicht anvertrauen konnte. 

Das Buch steckt voller Tragik und Konflikte, über die nicht gesprochen wurde, was letztlich zu der verzwickten Situation geführt hat, in der sich die beiden Protagonisten wiederfinden, einander Halt geben und aus Fremden Vertraute werden. 

 

Die zentralen Themen Beziehung, Elternschaft, unerwiderte Liebe und Partnerschaft sind aktuell und nahbar. Das Buch zeigt auf, dass es in Beziehungen viele Grauschattierungen gibt und die unterschiedlichsten Beziehungsmodelle die Bedürfnisse des einzelnen erfüllen können, dass es dazu aber wichtig ist, zueinander offen zu sein. 

 

Ich mag den Ton den die Geschichte anschlägt, ruhig und besonnen, gleichzeitig aber auch irgendwie durchdrungen von dem Gedanken es schaffen zu müssen, die Erwartungen anderer zu erfüllen, selbst erfüllt zu sein. 

Eine Geschichte, die unter die Haut geht, wenn man sie lässt.