Rezension

Highlight

Nachts erzähle ich dir alles -

Nachts erzähle ich dir alles
von Anika Landsteiner

Bewertet mit 5 Sternen

MEINUNG:

Letztes Jahr hat mirSo wie du mich kennstrichtig gut gefallen. Ich habe ehrlich gesagt immer wieder bei der Autorin auf der Insta-Seite geschaut, ob da wohl etwas Neues kommen wird und plötzlich wurde Nachts erzähle ich dir allesangekündigt. Ich muss sagen, ich war ein bisschen skeptisch, weil a) überhaupt kein Frankreich-Fan und mich Romane, die dort spielen erstmal schnell gedanklich ermüden und b) finde ich das Cover leider auch wenig gelungen. Es wirkt im Gegensatz zum Inhalt, irgendwie etwas altbacken. Ich weiß nicht, ob ich zu dem Buch gegriffen hätte, wenn ich die Autorin nicht gekannt hätte.

In dem Buch geht hauptsächlich um Léa, die Mitte 30 ist, ein Café in München besitzt und die total überarbeitet ist. Für eine längere Auszeit reist sie nach Südfrankreich auf ihr Familienanwesen an der Côte d’Azur. Ihre vermeintliche Ruhe wird relativ schnell gestört als eine junge Frau ums Leben kommt und Léa die letzte Person war, mit der sie gesprochen hat. Plötzlich steht deren Bruder Émile vor ihrer Tür und will Antwortend darauf, was mit seiner Schwester passiert ist. Es kommt der Fakt dazu, dass er erfahren hat, dass seine Schwester schwanger war.

Die Autorin hat hier sehr viele Themen aufgegriffen, die ich so gar nicht vermutet hätte auf Grund des Klappentextes. Meistens verrät der Klappentext viel zu viel. Hier ist es genau anders herum, denn es hat mich wirklich positiv überrascht, eben weil so viel Facetten und Themen bearbeitet worden sind. Meine Erwartung war eigentlich fast schon ein Roman, den man 100fach gelesen hat - Frau bricht mit ihrem alten Leben und finde Liebe und neues Leben an einem anderen Ort, aber das ist weit gefehlt. Ein paar von diesen Punkten gibt es auch bei Léa. Zunächst wirkt es so, dass sie mit beiden Beinen im Leben steht, aber sie hat eine relativ schwere Trennung hinter sich, von der sie erst einmal erholen muss. Ich hatte den Eindruck, dass es ihr selbst gar nicht so klar war und sie vieles verdrängt hat. Die Ruhe in Frankreich bringt allerdings alles wieder hoch.

In dem Roman nehmen auch andere diverse Beziehungen Raum ein, z.B. die Beziehung von Léa zu ihrer Mutter, welche wirklich tiefgründig und liebevoll ist. Auch über die Mutter erfährt man einiges und auch ihre Beziehung zu einer besonderen Person, die dann auch für Léa zu einer Bezugsperson wird. Im Vordergrund steht natürlich die aufkeimende Beziehung zu Émile, der einfach plötzlich vor Léa Tür steht und in Frankreich ein Star ist. Bei seiner optischen Beschreibung musste ich ein bisschen an Timothée Chalamet denken. Er ist 10 Jahre jünger als Léa, was allerdings zwischen den beiden nie thematisiert sind, was ich genossen habe. Ich mochte es, dass die Autorin solche Dinge wie Altersunterschied, Geschlecht etc. zwischen zwei Menschen, die sich mögen, nie zu einem großen Thema macht, sondern als selbstverständlich betrachtet. Ich mochte auch, wie sich die Beziehung der beiden entwickelt und auch die durchaus nachvollziehbaren Hindernisse daran, da sie völlig andere Leben führen. Es empfand es als authentisch und vor allem realistisch.

Außerdem geht auch um die Selbstbestimmung der Frau, besonders beim Thema Schwangerschaft bzw. deren Abbruch, welches ein durchaus kontroverses Thema ist, was die Autorin auch eindrücklich aufzeigt. Auf der anderen Seite steht auch Léa Mutter, die ebenfalls früh ungewollt schwanger war und sich dann für das Kind entschieden hat. Es gibt das kein richtig oder falsch. Auch die Autorin beschreibt dies wertfrei. Ich fand spannend, wie es in Frankreich gehandhabt wird. In dem Roman erfährt man einiges dazu. 

FAZIT:

Für mich war Nachts erzähle ich dir allesein großes Lese-Highlight, was ich nahezu verschlungen habe, weil der Roman so vielschichtig, tw. spannend ist und mein Herz berührt hat. Ich habe mich sogar gedanklich in Frankreich wohl gefühlt, da es nochmal eine schöne sommerliche Atmosphäre, aber mit Tiefgang, rein gebracht hat.