Rezension

Das Böse nebenan

Die Schneelöwin
von Camilla Läckberg

Die Schwedin Camilla Läckberg ist eine wohltuende Ausnahmeerscheinung im Heer der skandinavischen Schriftsteller, die seit einigen Jahren die Regale der Buchhandlungen füllen. Im Gegensatz zu ihren meist männlichen Autorenkollegen, deren Protagonisten überproportional häufig mit psychischen und Suchtproblemen zu kämpfen haben und mit dem Leben hadern, beschreibt Läckberg den - fast - normalen Alltag in der schwedischen Provinz sowie das Familienleben der beiden Hauptfiguren, Kommissar Patrik Hedström und dessen Frau Erica Falck, einer Schriftstellerin, deren Beharrlichkeit bei Recherchen ihren Ehemann bei seinen Ermittlungen durchaus des Öfteren auf die richtige Spur führt.

 Im neunten Band der Hedström/Falck-Reihe „Die Schneelöwin“ wird Patriks Kommissariat mit einem Fall konfrontiert, der zunächst unlösbar scheint. Ein bereits vor längerer Zeit verschwundenes Mädchen ist plötzlich wieder aufgetaucht, das offensichtlich über einen längeren Zeitraum unbeschreiblichen Misshandlungen ausgesetzt war. Blind, taub und stumm, stirbt der Teenager nach kurzem Krankenhausaufenthalt. Wer ist der Täter, und welche Motive hat er?

 Neue Erkenntnisse in diesem Fall bringt Ericas Kontakt mit einer Inhaftierten, die des Mordes beschuldigt wird. Deren Tochter war angeblich das Böse in Person und wurde deshalb mit schweren Ketten im Keller der Familie gefangen gehalten. Sagt die Mutter die Wahrheit, oder will sie jemanden schützen?

 Durch die vergleichsweise kurzen Kapitel, die wechselnden Perspektiven und die verschiedenen Zeiten kommt von Beginn an Tempo in die Geschichte. Läckberg erzählt wie immer flüssig, schreibt gefällig und baut genügend Cliffhanger ein, damit das Interesse des Lesers nicht abflaut.

 Es ist das Kennzeichen ihrer Kriminalromane, dass immer verschiedene Handlungsstränge parallel verlaufen. Üblicherweise haben weit zurückliegende Ereignisse massive Auswirkungen auf aktuelle Verbrechen in der Gegenwart. Und immer wieder fügt Camilla Läckberg diese beiden Geschichten nach und nach behutsam und stimmig zusammen, sodass am Ende keine offenen Fragen übrig bleiben. Auflockernd wirken hier auch die Einschübe, die das Familienleben von Patrik und Erica schildern. Dies bringt eine gewisse Leichtigkeit in die Geschichte, die leider Gottes auch nicht auf die mittlerweile fast in jedem Krimi/Thriller beschriebenen Brutalitäten auskommt.

 Bei der Bewertung zaudere ich ein wenig, schwanke zwischen drei und vier Sternen. Da die Autorin das Vergangenheit/Gegenwart-Muster nun schon zum wiederholten Male bemüht, kann man bereits relativ früh die richtigen Schlüsse ziehen und die entsprechenden Verbindungen schaffen. Hier würde ich mir mehr innovative Ideen der Autorin wünschen. Die Fähigkeiten dazu hat sie auf alle Fälle.