Rezension

Familiengeschichte als Ursprung des Übels

Dornenmädchen - Karen Rose

Dornenmädchen
von Karen Rose

Bewertet mit 4.5 Sternen

Was Familie alles anrichten kann erlebt Faith Corcoran, nachdem sie den Familiensitz erbt und diesen als ihren Zufluchtsort auswählt - ein böser Fehler, gleichzeitig auch die Chance, eine Mordserie zu beenden und selbst wieder sicher zu sein.

Faith Corcoran ist optimistisch: Mit geändertem Nachnamen, neuem Auto, neuem Job und der Idee, in den gerade geerbten Familiensitz einzuziehen, macht sie sich auf von Miami nach Ohio, in ein neues Leben. Dass sie bewaffnet ist, ist dem Umstand geschuldet, dass einer ihrer Patienten- Faith arbeitete als Therapeutin für Sexualstraftäter und deren Opfer – ihr seit geraumer Zeit nach dem Leben trachtet und bei einem von mehreren Anschlägen ihren Chef erschoss. Doch kaum am Haus angekommen, wird Faith nicht nur von der eigenen Familiengeschichte, dem rätselhaften Tod ihrer Mutter, dem Vertrauen zu einem ihrer Onkel und dem Misstrauen gegenüber dessen Zwillingsbruder überrollt, sondern auch von der Tatsache, dass im Keller des Hauses, der ihr schon als kleines Mädchen Angst machte, tatsächlich Menschen gequält und ermordet wurden – und werden. Faith gerät in einen Strudel von Familienangelegenheiten, die ihr klar machen, dass nichts so war und ist, wie es schien und scheint, dass sich Augen und Gehirn täuschen lassen, andere Erinnerungsfetzen – die zwölf Stufen in den Keller hinab , Olivengläser – aber auch zur Aufklärung mehrerer Morde beitragen können.
 
Ermittelnder Beamter ist Deacon Novak, ebenfalls gerade erst wieder in seine alte Heimat zurückgekehrt und ebenfalls mit Familie beschäftigt. Bruder Greg wurde erneut von der Schule suspendiert, Schwester Dani arbeitet trotz Widrigkeiten an ihrer Karriere als Ärztin, Cousin Adam, ebenfalls Ermittler, spielt sich künstlich auf, die liebenswürdige Tante Tammy verzweifelt an Greg, und der raubeinige Onkel Jim, Cop, sieht in Deacon immer noch den Jungen, den er bevormunden kann und muss. Doch Deacon sieht nicht nur imposant aus mit seinem weißen Haar, den einzigartigen Augen, der Sonnenbrille und dem Ledermantel, er ist auch ein sehr scharfsinniger und beinahe furchtloser Ermittler.
 
Parallel zu den Handlungssträngen, die berichten was Faith zustößt, was Deacon und sein Team herausfinden und wie sich das erotische Verhältnis zwischen Faith und Deacon entspinnt, erfährt man aus der Perspektive des Täters, wie er seine Opfer quält und welch geschickter Verkleidungskünstler er ist. Auf Kollateralschäden kommt es ihm nicht an. Neben Arianne und Corinne, den aktuellen Opfern, um deren Leben man bangt, lernt man Roza kennen, Tochter eines Opfers, in Gefangenschaft geboren und vom Täter als Sklavin erzogen, kennt sie nur das Leben im Keller. Doch sie hat ein Gewissen, einen Willen und Rachegelüste, die sie in die richtige Richtung leiten.
 
Dicht, vielschichtig, spannend, verzweigt wie ein Familienstammbaum mit gruseligen Erkenntnissen, einem Schuss Erotik, manchmal aber zu phantastisch intelligenten und in jeder Hinsciht starken Protagonisten gelingt es Karen Rose, ihre Leserinnen und Leser zu fesseln.