Rezension

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Ich habe mehr erwartet

Zwanzig Zeilen Liebe
von Rowan Coleman

Bewertet mit 3.5 Sternen

"Zwanzig Zeilen Liebe" begegnete mir genau zweimal bevor es vorübergehend in mein Regal einzog. Zuerst berichtete ein Bloggerkollege über die Neuerscheinung. Schon hier war mein Interesse für diese Geschichte geweckt. Der Roman klang ziemlich tiefgründig. Jedoch war ich mir noch nicht ganz sicher, ob die Geschichte wirklich etwas für mich war. Dann nahm ich am Gewinnspiel zur ausgeschriebenen Leserunde hier bei "Was liest du?" teil und durfte mich zu den glücklichen Gewinnern zählen. 

Bei "Zwanzig Zeilen Liebe" sticht mir das Cover sofort ins Auge. Es ist schlicht gehalten. Der Titel des Romanes nimmt das ganze Cover ein. Der Hintergrund wird von Wölkchen geschmückt. Gerade diese Schlichtheit untermalt die Geschichte sehr gut. Auch der Klappentext ist gut auf die Geschichte abgestimmt und fasst diese gelungen zusammen, ohne zu viel zu verraten.

Der Inhalt von "Zwanzig Zeilen Liebe" gab mir aber ordentlich zu denken. Gerade die ersten Seiten haben mich gleich zu Beginn ziemlich bewegt. Ich wurde wehmütig und ahnte, worauf ich mich hier eingelassen habe.

Dann wurden die verschiedenen Charaktere eingeführt. Wir erleben Krankenschwester Stella, die als Nachtschwester in einem Hospiz arbeitet und privat um ihre große Liebe, einen aus dem Krieg zurückgekehrten Soldaten, kämpft.
Der zweite Charakter des Romanes ist die 21-jährige Hope. Sie ist von Geburt an an Mukoviszidose erkrankt und dem Tod buchstäblich von der Schippe gesprungen. In dem Hospiz, welches nicht nur als "Sterbe Einrichtung" sondern auch als Rehabilitationseinrichtung fungiert, soll sie wieder zu Kräften kommen.
Der dritte und letzte Charakter ist der Historiker Hugh. Was er mit der Geschichte zu tun hat, ist lange nicht klar. Doch dann kommt eine glückliche Fügung des Schicksals und sein Leben gerät außer Kontrolle...

Ich habe den Eindruck, dass diese drei Charaktere die verschiedenen Perspektiven von Liebe, bzw. der Definition von Leben beleuchten sollen. Hope hat Angst vor dem Leben. Schließlich könnte jeder Atemzug der letzte sein. Stella wünscht sich eine normale Ehe zurück, in der sie ihrem Partner nicht ständig aus dem Weg gehen muss. Und Hugh? Er ist auf der Suche nach der großen Liebe, weiß es aber noch nicht wirklich.

Leider konnten mich die Charaktere nicht vollständig fesseln. Die verschiedenen Perspektiven fand ich zu Beginn zwar interessant, jedoch passierte mir zu wenig. Der Klappentext deutet eine tiefgründige Geschichte an. Allerdings habe ich das Gefühl, dass sich unsere drei Protagonisten oft im Kreis drehen. Das, was ansatzweise Tiefe ist, wird dem Leser in den Dialogen oder teils auch Monologen vorgekaut. Das fand ich etwas schwach. Zudem hatte ich das Gefühl, dass sich sowohl Hope als auch Hugh nicht ihrem Alter entsprechend verhalten. So hatte ich auch Mühe, mich in sie hineinversetzen zu können, weil ich ihre Handlungen nicht wirklich nachvollziehen konnte. Hope war mir zu pubertär und auch Hugh schien mir allein von seinem Verhalten viel zu jung. Wären beide Charaktere jünger gewesen, hätte ich mich mit ihrem Verhalten anfreunden können.

Aber ich muss auch sagen, dass die Handlungsstränge in "Zwanzig Zeilen Liebe" stellenweise gut miteinander verknüpft sind. Ich hatte zwar schnell herausgefunden, wie ich Hugh in der ganzen Geschichte einordnen musste. Er wurde aber vor eine wichtige Frage gestellt, die beinahe bis zum Schluss offen bleibt. Zudem arbeitet Rowan Coleman mit interessanten Stilmitteln: Beispielsweise gibt es eine Katze, die alle drei Handlungsstränge miteinander verbindet. Und am Anfang bzw. Ende jeden Kapitels baut Coleman die Briefe der Hospizgäste ein. Der ein oder andere Brief hat mehr mit der Geschichte zu tun, allerdings sind die meisten Briefe mehr in sich abgeschlossene eigene Geschichten, die mich aber sehr berührt haben.

Der Spannungsbogen hat mich aber nicht wirklich überzeugt. Einerseits wollte ich zwar wissen, wie es ausging, andererseits hatte ich das Gefühl, dass sich alle Handlungsstränge mehr oder weniger wiederholen und die Entwicklung der Charaktere oft nur in den Dialogen deutlich wird. Und hier wurde mir dann zu viel vorgekaut.

Rowan Coleman hat aber einen sehr gut und leicht zu lesenden Schreibstil. Die Briefeder Hospizgäste haben es mir sehr angetan. Diese in sich abgeschlossenen Geschichten haben mich hin- und wieder richtig gepackt und beinahe zum weinen gebracht. Bei den Haupthandlungssträngen hätte ich mir aber gewünscht, dass der Roman mehr in die Tiefe geht. Anhand der Briefe habe ich gemerkt, dass Coleman den Inhalt durchaus transportieren kann. Mir war das meiste aber zu oberflächlich gehalten.

Ich möchte mich nochmals beim "Was liest du?"- Team bedanken, dass ich die Möglichkeit hatte, an der Leserunde teilnehmen zu dürfen. Obwohl mich der Roman nicht wirklich packen konnte, hätte ich es wahrscheinlich bereut ihn nicht gelesen zu haben, weil ich mich so immer gefragt hätte, was es wohl mit dieser Geschichte auf sich hat.

Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich aber mehr erwartet hätte. Es kann sein, dass ich den Roman zum falschen Zeitpunkt entdeckt habe. Momentan würde ich ihn aber nur bedingt weiterempfehlen.