Rezension

Nazis, Viren und ewiges Eis

Valhalla - Thomas Thiemeyer

Valhalla
von Thomas Thiemeyer

Bewertet mit 3 Sternen

Ich sage es direkt vorweg: "Valhalla" hat mich sehr zwiegespalten zurückgelassen. War ich am Anfang von Schreibstil und Inhalt noch richtig begeistert, kühlte diese Begeisterung im Laufe des Buches leider immer mehr ab, bis ich es eher unzufrieden zuklappte.

Thomas Thiemeyer bringt eine Vielzahl unterschiedlichster Themen in diesen Thriller ein: die Faszination der Nazis mit dem Okkulten; Archäologie und alte Kulturen; biologische Kriegsführung und Virologie; Fukushima; der Alltag in der Arktis; und und und... Darüber hinaus spielt das Buch an den unterschiedlichsten Schauplätzen, von Kambodscha über Russland, Amerika und Deutschland bis in die Arktis.

Manchmal schreibt das Leben wirklich die unglaublichsten Geschichten, und der Autor benutzt das als Sprungbrett für einen Thriller, der Wissenschaft, Politik, Spionage und Mythologie miteinander verknüpft. Harte Fakten werden nahtlos mit geschickt Erfundenem verbunden, und dabei erscheint alles fundiert und detailliert recherchiert. "Valhalla" ist definitiv ein Buch zum Mitdenken, das der Allgemeinbildung sicher nicht schadet!

Leider war es mir manchmal dann doch zu viel des Guten. Da klingen Charaktere im Dialog plötzlich so, als würden sie emotionslos aus einem Lehrbuch zitieren, und der Leser wird mit Informationen quasi überschwemmt, ohne dass sie an dieser Stelle für die eigentliche Geschichte eine Rolle spielen.

Trotzdem, diese Mischung ist grundsätzlich sehr originell, was ich einem Buch immer hoch anrechne! Allerdings hatte ich etwa ab der Hälfte immer mehr den Eindruck, dass sich die Handlung dann doch noch in Klischees verrennt...

Ab diesem Punkt fand ich vieles vorhersehbar. Manche Dinge schienen mir sogar nur deswegen zu passieren, um später in der Handlung etwas möglich zu machen - und nicht, weil es an dieser Stelle wirklich im Rahmen der Geschichte Sinn machen würde. An einer Stelle werden zum Beispiel Hauptcharaktere schnell noch aus einer Gefahrenzone geschafft, bevor sie überhaupt zur Gefahrenzone wird... 

Insofern flachte die Spannung für mich zunehmend ab, obwohl die Charaktere eigentlich immer in Lebensgefahr sind und auch einige schreckliche Dinge erleben. Es las sich für mich mehr und mehr wie ein Actionfilm und konnte mich einfach nicht mehr wirklich berühren.

Das Ende habe ich erstaunlich treffsicher erraten, weswegen es mich auch ziemlich enttäuscht hat - ein Thriller muss für mich mit einem Paukenschlag und einer großen Überraschung enden. Einige Dinge, die ich sehr gerne noch erfahren hätte, bleiben dagegen komplett ungeklärt!

Die Charaktere fand ich zunächst vielversprechend, aber leider stellten sich viele in meinen Augen dann doch als eher eindimensional und wenig komplex heraus. Ob das jetzt die Wodka saufenden Russen sind, die die Weltherrschaft an sich reißen wollen, oder der junge Japaner, der ein totaler Nerd ist und sich innerhalb von Minuten mühelos in das Sicherheitsnetz eines Geheimdienstes hacken kann... Die Guten sind gut, und die Bösen sind böse - außer, sie machen einen spontanen Sinneswandel durch, dann aber rasant und ohne viel Vorwarnung.

Es wurde meiner Meinung nach auch viel Konfliktpotential verschenkt. So bringt John, Hannahs Geliebter, zum Beispiel seine Ex-Freundin mit ins Team, aber außer ein winziges bisschen Eifersucht hat das keine Auswirkungen.

Der Schreibstil hat mir meist sehr gut gefallen. Er ist an sich einfallsreich, atmosphärisch  und voller gelungener Bilder - aber dann gibt es auch Passagen, wo mir Pathos und Kitsch etwas zu dick aufgetragen schienen.

Fazit:
Für mich ist "Valhalla" ein Buch mit unglaublich viel Potential für intelligente Spannung - eine im Prinzip originelle Mischung aus Mythos, Wissenschaft und Thriller. Leider büßte es für mich sehr viel von dieser Originalität dadurch ein, dass ich die Charaktere eher flach und die Handlung zunehmend vorhersehbar fand, wodurch auch die Spannung in meinen Augen leider immer mehr dahinschwand.