Rezension

Das war keine Gefühlsachterbahn, das war ne ganze Kirmes !! Lesehighlight, Jahreshighlight, große Liebe !

Kissing in the Rain -

Kissing in the Rain
von Kelly Moran

Bewertet mit 5 Sternen

Camryn Covic ist reserviert, organisiert, erfolgreich im Job, trägt ausschließlich gedeckte Farben, um niemals aufzufallen und sie ist, zu ihrem Leidwesen das schwarze Schaf ihrer lauten, trubeligen und sehr direkten, serbischen Großfamilie. Besonders in Bedrängnis kommt sie immer dann, wenn die Sprache auf Beziehungen und Heirat kommt. Und ausgerechnet jetzt, eine Woche vor der Hochzeit ihrer jüngeren Schwester Heather, da verliert sie nicht nur ihren Job, sondern wird auch von ihrem Freund, den sie der Familie vorstellen wollte, sitzen gelassen.
Camryn macht sich auf das Schlimmste gefasst und hat besonders Mitleid mit Heather, weil beide wissen, dass es statt der Hochzeit nun kein anderes Thema mehr, als Cams Versagen geben wird.

Doch dann hat Heather eine Idee. Eine sehr sehr verrückte Idee. Camryn soll Troy als ihren Freund ausgeben. Troy, der als Pflegekind damals in ihre Familie kam, den eine enge Freundschaft mit ihrem Bruder verbindet und auch eine sehr lange und traurige Geschichte mit ihr selbst. Cam ist unentschlossen, doch wider Erwarten ist Troy bereit, bei dieser Scharade mitzuspielen, auch wenn er sich ehrlich davor fürchtet, was passieren wird, wenn sie nach der Hochzeit ihre Trennung bekannt geben und wie sich das auf sein Verhältnis zur einzigen Familie, die er jemals hatte, auswirken wird.

Was beide nicht haben kommen sehen, sind die echten Gefühle, die ihre gefakte Beziehung in ihnen beiden wachruft....

Nachdem ich die Redwood Reihe von Kelly Moran sehr mochte, obwohl ich sie auch oft recht kitschig und überzogen fand und Wildflower Summer für mich ein totaler Ausfall war, den ich sogar abgebrochen habe, war ich auf alles vorbereitet. Naja, auf alles außer KISSING IN THE RAIN.

Denn hier ist der Begriff "Gefühlsachterbahn" sowas von unzureichend. Das war schon eher ne ganze Gefühlskirmes, die ich während des Lesens durchlebt habe.

Zum Einen hat mir dieser Roman, der übrigens und zu meinem Leidwesen ein Standalone ist, vor allem sehr weh getan. Denn die Covics sind nicht nur ein großer, verrückter und liebenswerter Haufen, sondern vor allem sind sie auch sehr direkt und Camryn gegenüber oft unbedacht garstig und gemein. Nicht nur stellt man nämlich ihre Fähigkeit "einen Mann zu finden und zu halten" infrage, sondern man mäkelt und nörgelt auch an allem Anderen herum. Daran dass sie nicht lächelt, daran dass sie nicht so hübsch ist, wie ihre Schwester, daran, dass sie nicht in ihr Brautjungfernkleid passt und so weiter. Camryn ist deshalb absolut verschlossen und kommt so gut wie niemals aus sich heraus. Nach außen wirkt sie so, als würde sie alles an sich abprallen lassen, doch innerlich hat sie das alles schon sehr lange zerbrochen.

Zum Anderen:
Ausgerechnet Troy ist derjenige, der Camryn so sieht wie sie wirklich ist und der unbedingt die alte, unbekümmerte und vor allem eine glückliche Cam aus ihr rauskitzeln möchte. Da die Beiden vor der Hochzeit viel Zeit gemeinsam und auch mit dem ganzen Covic Clan verbringen, entwirft er eine Liste, die nur er kennt und die Camryn dazu bringen soll, sich zu wehren, aber vor allem loszulassen, im Moment zu leben, Spaß zu haben und verdammt nochmal glücklich zu sein.

Die Dynamik zwischen den Beiden ist so herrlich und bietet eine ganze Bandbreite an Gefühl. Romantisch, Witzig, Emotional, Aufwühlend. Letzteres vor allem deshalb, weil auch Troy ein schweres Päckchen zu tragen hat, über dass er schon sein ganzes Leben grübelt und über das er nur mit einer einzigen Person reden konnte und kann, ohne viel sagen zu müssen: Camryn.

Ich hatte immer wieder Schmetterlinge im Bauch, war dann wieder genervt oder wütend, weil sie jeder für sich merken, dass da mehr zwischen ihnen ist, aber nicht fähig scheinen, sich so auszudrücken, dass es der jeweils Andere versteht oder verstehen will.

Perfekt abgerundet wird die Handlung durch beider Lernprozesse und Wandlungen im Verlauf, aber auch durch die atemberaubende Kulisse der Rocky Mountains und durch den Rest der Covics. Sperr mal eine verrückte Großfamilie im übertragenen Sinne, eine Woche in ein riesiges Haus vermeintlich reicher Leute. Da ist auf jeden Fall was los und das war oft einfach superwitzig.

Die Charaktere sind, obwohl ich so manch einer Figur gerne mal die Meinung gegeigt hätte, wirklich toll ausgearbeitet. Besonders Cams dreijährige Nichte Emily ist so ein Goldstück, das mit ihrem unermüdlichen Wissensdurst und ihrer arglosen Fragerei für echte Brüller sorgt.

Und last but not least, habe ich Cams oftmals verqueere, aber witzige Weisheiten zu jedem Kapitelbeginn total gefeiert.

Kurz gesagt, nachdem der Text jetzt so lang geworden ist: Dieser Roman war für mich ein ganz ganz großes Lesehighlight, das ich weit über die Redwood Reihe stelle. Ich habs einfach nur geliebt, mit all seinen Facetten.