Rezension

Den Kidnappern auf der Spur

Crossroads
von Michelle Raven

Bewertet mit 1 Sternen

Die Grundstory ist so "komplex" aufgebaut, dass ich sie glatt in drei Sätzen erzählen kann. Ein Mehrfachmörder flieht mitsamt einem von ihm gezwungenen Mithäftling. Auf einem Campingplatz entführen sie ein kleines Mädchen, das dort mit seinem Papa Urlaub macht. Der Papa, ein knallharter Ex-Marine, sichert sich die Hilfe einer Frau mit Mantrailerhunden und geht auf die Jagd nach den Entführern. Also gut, ich hänge sogar noch einen vierten Satz an: Das FBI jagt die beiden Flüchtigen auch und stellt sich dabei nicht sonderlich geschickt an. Von daher kann man die FBI-ler eigentlich vernachlässigen, die haben nur den Job, das Ganze offizieller wirken zu lassen. Eigentlich geht's nur darum, dass ein heißer Kerl mit einer heißen Frau und einem Spürhund allein zwei Tage durch einen dichten Regenwald marschieren muss, damit sie in der Zeit unglaublich viel Zeit damit verbringen können, sich gegenseitig heiß zu finden.

Dabei wird absolut gar kein Klischee ausgelassen: Regen, damit das T-Shirt am muskulösen Körper kleben kann, ein bis zwölf Nahtoderlebnisse, damit der Held sich als heldenhaft erweist, das ständige Versichern, dass sie (eine Frau namens Angel, die sich als das herausstellt: als Engel, meine ich, nicht als Angel ;D) eigentlich niemals was mit Männern am Hut hat, aber der Kerl namens Warren (Knall! Kloink! Schlurchz! den seine heldenhaften Amiheldensupersoldaten in Afghanistan WARRIOR nannten) so ihr Herz berührt, weil er so verletzlich ist. Und weil er seine Tochter über alles liebt. Letzteres wird gefühlte zwölf Millionen Mal erwähnt, und das ist auch gut so, denn sonst wüsste man es nicht. Ich meine, wie zeigt er seine Liebe? Dass er nie da ist, weil er mit der heldenhaften US-Armee sein ganzes Leben lang durch die Welt jettet? Dass er nur gerade wieder da ist, weil er beim letzten Einsatz heldenhaft schwer verwundet wurde und jetzt aus der Armee abgeschoben wurde? Dass er seine kleine siebenjährige Tochter, die mit Natur nix am Hut hat, zwingt, mit ihm Campen zu gehen und durch den Wald zu latschen? Mensch, ein echter Traumpapa. Vor allem einer, der sich wundert, wenn er mal nach Monaten wieder nach Hause kommt, dass sich keiner freut, ihn zu sehen. Huch, wieso sind die nicht alle total begeistert, sondern meine Frau will auch noch die Scheidung? Kann ich gar nicht verstehen ... ^^

Zurück zum Thema. Dieser Held und sein Engel folgen schnüffelnderweise (per intelligentesten Hund seit Lassie) der Spur der Entführer. Von denen stellt sich einer als totaler Psychopath heraus, der einen nervösen Zeigefinger und Spaß am Töten hat, und einer als der typisch unschuldig Eingebuchtete, der sich sein Gewissen und ein tolles Aussehen bewahrt hat (damit eine FBI-Agentin sich bereits in ihn verlieben kann, nachdem sie nur seine Akte studiert hat). Dieser tolle Hecht bemüht sich darum, die kleine Emma, das Kind des Heldenpapas, am Leben zu erhalten. Dazu trägt er die Kleine die meiste Zeit durch den Urwald. Siebenjährige wiegen nämlich nichts. Na ja, fast nichts. Absolut vernachlässigbar, besonders in Stresssituationen.

Ich überlege die ganze Zeit, was ich Positives schreiben könnte, aber viel fällt mir nicht ein. Die Hunde! Hunde sind immer gut. Und der Sex war keine verschleierte Vergewaltigung, wobei die Umstände mich trotzdem die Stirn runzeln ließen. Aber egal. Ist ja total logisch, dass eine Frau, die in der Nacht in einem Zelt mit einem ihr so gut wie Fremden erwacht und merkt, dass er einen Flashback und Alpträume aus seiner Kriegszeit hat, also dass diese Frau sich nicht anders zu helfen weiß, als dem Helden auf den Körper zu kriechen und ihn zu küssen. Lacht nicht, steht da in dem Buch, so was könnte ich mir nicht mal ausdenken. Klar, jeder andere würde sich denken: Oh, der Kerl ist nicht ansprechbar, wenn ich den jetzt berühre oder mich gar auf ihn drauflege, dann wird der Supersoldat mir wahrscheinlich aus Versehen das Genick brechen, weil er sich in einer Kampfhandlung wähnt. Aber nicht unser süßer blonder Engel namens Angel. Puh, Glück gehabt, das Mädel.

Solche absolut logischen Sachen kamen öfter vor. Zum Beispiel dass die FBI-Leute sich trennen, zwei gehen links, zwei rechts. Die Linken verfolgen den Typ mit dem Kind, die rechts den Mörder mit dem nervösen Zeigefinger. Die beiden Linken trennen sich auch wieder, als sie nicht das finden, was sie suchen, einer von ihnen geht hinter dem Mörder her. Und siehe da, er ist der Erste, der auf den Mörder trifft, obwohl die anderen seinen Spuren folgen. Er ist rechtzeitig da, um sich niederschießen zu lassen. Echt praktisch. Beim Showdown fragt man sich die ganze Zeit, wo der Super-FBI-ler geblieben ist. Hat er unterwegs die Sportshow geschaut? Fragen über Fragen. Über die angedeuteten Liebeleien, die wahrscheinlich für die nächsten Crossroads-Bücher anstehen, will ich gar nicht reden.

Fazit: Keine Ahnung, welches Fazit ich hier ziehen soll. Dass sich hinter dem Begriff "Romantic-Thrill" weder Romantik noch Thrill verbirgt? Na schön, das ist immerhin auch eine Erkenntnis.