Rezension

Die Frau auf dem Dach

Der Sprung
von Simone Lappert

Bewertet mit 4 Sternen

Eine junge Frau auf einem Hausdach, eine Anwohnerin ruft die Polizei; vor dem Haus sammelt sich eine Menge von Gaffern. Aus einer Vielzahl von verschiedenen Perspektiven schildert Lappert dieses Ereignis und bringt uns damit viele der beteiligten Personen nah. Wer ist die Frau auf dem Hausdach? Will sie wirklich springen, und warum? Nach und nach erschließen sich die Antworten auf diese Fragen.

Die vielstimmige Erzählung ist dabei vor allem zu Anfang sehr gekonnt. Die Autorin braucht nur wenige Worte, um einen ganzen Reigen interessanter Charaktere zu schaffen. In deren Leben bekommen wir einen kurzen Einblick, der aber dennoch immer eines zeigt: Jeder Mensch hat seine Geschichte, und ohne diese zu kennen, beurteilt man ihn oder sie oft ungerecht.

Gleichzeitig bleiben dabei allerdings die Nebenfiguren ohne eigene Erzählstimme oft sehr blass, fast schablonenhaft; so etwa der böse mobbende Schüler oder der egoistische Partner im Fitnesswahn, der durch sein Verhalten seiner übergewichtigen Partnerin den Spiegel vorhält. Hier hätte ich mir etwas mehr Differenzierung gewünscht. Auch manche der Hauptpersonen schrammen nah am Klischee entlang: zum Beispiel das unbeliebte dicke Mädchen, das ein toller Kumpel ist, oder der überkandidelte Modedesigner.

Trotz der vielen verschiedenen Perspektiven liest sich das Buch dabei sehr leicht und flüssig weg. Am Ende geht es etwas schnell, einige Fäden und Figuren bleiben mehr oder weniger in der Luft hängen. Das ist bei der Vielzahl von Geschichten in diesem Buch wahrscheinlich auch nicht anders möglich; ich hätte insgesamt lieber etwas weniger Charaktere noch näher kennengelernt. Insgesamt aber auf jeden Fall ein Lesevergnügen!