Rezension

Die letzten 12 Tage - doch was kommt danach?

Gated - Die letzten 12 Tage - Amy Christine Parker

Gated - Die letzten 12 Tage
von Amy Christine Parker

Bewertet mit 4 Sternen

Sie sind meine Leute. Meine Gemeinde. Meine Familie. Ich kann mir nicht länger um den Rest der Welt Gedanken machen. Ihr Schicksal wurde vor langer Zeit entschieden - genau wie meins.
S. 19

Lyla lebt mit ihren Eltern in einer selbst erbauten Siedlung namens Mandrodage (Anagramm für Armageddon) Meadows, zusammen mit zwanzig anderen, ausgewählten Familien sowie Pioneer, ihrem Anführer. Genau 30 Jugendliche leben in der Gemeinschaft, anteilig aufgeteilt nach Geschlechtern.

Kein Detail unseres Lebens wird dem Zufall überlassen.
S. 29

Das Leben dort ist sehr schlicht. Die Außenwelt wird ausgegrenzt - Fernseher und Zeitungen gibt es nicht, die Familien leben überwiegend von ihrer eigenen Ernte. Nur ein- bis zweimal im Jahr, wenn es sich nicht vermeiden lässt, werden anfallende Einkäufe abwechselnd von den Familien im ferngelegenen Großmarkt geholt. Sehr bewußt schotten sich die Mitglieder der kleinen Gemeinde ab, die Außenwelt betrachten Sie als böse und verdorben. So ist es auch nicht verwunderlich, dass das Ende naht und nur Sie überleben sollen. Den Sie sind die Auserwählten die von den Brüdern erwählt wurden, meint Pioneer.

Doch wie kommt es dazu?

Lyla erzählt zu Anfang ihre Geschichte. Über das Verschwinden ihrer Schwester als Sie selbst gerade erst zehn Jahre alt war. Ihre Eltern hatten keine Familienangehörigen die Sie in der Zeit unterstützen konnten, kaum Freunde. Bis auf Pioneer, der zu diesem Zeitpunkt in ihr Leben getreten ist und für Rückhalt gesorgt hat. Dem Wunsch nach Sicherheit folgend, gründen Sie ihre eigene Gemeinschaft fernab einer Welt, die Sie für brutal und dem Untergang geweiht sehen. Den so soll es kommen. Pioneer erhält von den Brüdern aus dem All Visionen, die ihm das Ende der Welt zeigen und auf das sich die Gemeinde vorbereiten soll.

Ihr fragt euch, wie jemand so etwas glauben kann?

Und genau diese Komplexität macht den Charme des Buches aus!

Geschickte Manipulation ist hier einer der Wege.

Pionier zeigt der Gemeinde von ihm ausgewählte Berichte zum Beispiel über Naturkatastrophen.

Diese Berichte sind konkrete Beweise dafür, dass Pioneer die ganze Zeit über recht gehabt hat - nicht, dass einer von uns das wirklich bezweifelt hätte, aber trotzdem gibt es einen großen Unterschied zwischen Glauben und Wissen. Unser Tun ist nicht länger nur eine Glaubensfrage.
S. 117

Doch auch verschieden andere Aspekte werden sehr gut im Buch aufgezeigt! Der Wunsch nach Geborgenheit, Sicherheit, klarer Struktur, ohne Unvorhergesehenes oder Gewalt sind hier die größten Ausgangspunkte, wenn auch sicherlich nicht alle!

Anhand Lyla's Familie wird sehr gut aufgezeigt, was ein deren Beweggrund dafür sein kann fremdbestimmt leben zu wollen, die Verantwortung abgeben zu können - und die damit verbundene Angst oder Last.

"Ich mag es, wo und wie ich lebe. Weißt du, je kleiner die eigene Welt ist, desto sicherer ist sie auch. Ich kenne vielleicht nicht sämtliche Arten von Junkfood, nicht jeden Film oder jedes Buch, aber dafür muss ich mir auch keine Sorgen machen, dass jemand kommt und einen Menschen wegholt, den ich liebe, oder dass ich etwas esse, was mich irgendwann umbringt, oder mich jeden Morgen fragen, ob heute jemand mit einem Gewehr in meine Schule stürmt und mich oder meine Freunde erschießt oder ob ein Haufen Terroristen das Gebäude in die Luft jagt, in dem meine Eltern arbeiten."
S.209

Was mit der fiktiven Geschichte von der Gemeinde Mandrodage Meadows beginnt, stützt sich auf Begebenheiten die so tatsächlich in der Welt passieren können.

Dies wird mit den Zitaten zu Beginn der jeweiligen Kapitel gut angezeigt. Sind es anfänglich noch Zitate von Pioneer, dem Gemeindeführer, so folgen zum Ende hin Zitate von Jim Jones, Anführer der Sekte "Peoples Temple" die einer Tonbandaufnahme vom Massenselbstmord von 1978 entnommen wurden!

Auch wenn die Geschichte einem bestimmten Muster folgt, konnte sie mich am Schluß durch ein paar Wendungen überraschen. Diese eigens erschaffene Welt hat mich gleichermaßen fasziniert wie erschreckt! Fasziniert, wie die einzelnen Rädchen in der Gemeinde greifen, dass dieses Leben für die einzelnen Mitglieder funktioniert oder zumindest den Anschein macht funktionieren zu können. Mehr als erschreckend ist es aber dabei über die Gewalt, Manipulation und das Spiel mit den Ängsten zu lesen.

Eine starke Protagonistin, die ihre eigene Stärke noch entdecken muss und der erschreckend realistische Bezug macht das Buch auf jeden Fall zu einem guten Lesestoff den man nicht verpassen sollte!