Rezension

Es hat mich nicht mitreißen können

Gated - Die letzten 12 Tage - Amy Christine Parker

Gated - Die letzten 12 Tage
von Amy Christine Parker

Bewertet mit 3 Sternen

Viele Menschen sind verzweifelt, viele Menschen haben große Verluste erlebt, viele Menschen leben in Angst vor Terror, Hass und Unterdrückung. Genau diese Menschen suchen nach Halt in ihrer finsteren und für sie grausamen Welt, sie suchen Unterstützung und einen Weg ins Licht wo doch in ihrem Leben nur Schatten herrscht. Was für eine Bedeutung hat ein liebes Wort, wieviel vermag eine nette Geste und ein Ort voller Ruhe auszurichten? Der Weg in eine Gemeinschaft, die genau diesen Halt verspricht, der sich von allem Bösen der Aussenwelt abschottet und ein besseres Leben verheißt ist dann nur noch sehr kurz. Doch ist es dort wirklich besser? Verschließt man nicht schnell die Augen vor der Wahrheit? Sollte man einem selbsternannten Propheten blind vertrauen? Nichts mehr in Frage stellen? Was geschehen kann, wenn man sich entscheidet hinter die Kulissen zu schauen und entdeckt, dass nicht alles eitler Sonnenschein ist, beginnt die Lehren und Aussagen eines Anführers in Frage zu stellen, für den der Rest der Welt außer seine kleine Gemeinde, und vielleicht noch nicht mal die, keinen Wert hat, dass können wir hier in der Haut von Lyla erfahren. Lyla ist mutig und stellt sich einer unerschütterlich glaubenden Gemeinschaft gegenüber. Doch wird sie es schaffen, dass man ihr zu hört? Wird sie für sich selbst den richtigen Weg finden?

Zum Inhalt
Bis vor Kurzem glaubte die siebzehnjährige Lyla, die Gemeinschaft von Mandrodage Meadows, in der sie mit ihrer Familie lebt, bewahre sie vor dem Bösen in der Welt und dem bevorstehenden Weltuntergang. Dann trifft sie Cody, einen Jungen von außerhalb, und stellt fest, dass sie in Wahrheit in einem perfiden Unterdrückungssystem gefangen ist. Doch Lylas Versuch, gegen Pioneer, den ebenso charismatischen wie gefährlichen Führer der Gemeinschaft, zu rebellieren, führt zum Kampf . . .(Quelle: dtv)

Meine Meinung
Bei dem Thema "Sekten" scheiden sich die Geister und man verbindet den Begriff eigentlich sofort mit negativen Aspekten. Das man nicht alles über einen Kamm scheren sollte, ist klar, dennoch gibt es wirklich gefährliche Gruppierungen, die nicht nur eine Bedrohung für sich selbst sondern auch für die Außenstehenden sind. 

Wer sich ein bisschen mit Sekten auskennt, und sicher hat schon fast jeder von Scientology und ihrem Verhalten gegenüber Mitgliedern gehört, die aussteigen wollen, der weiß dass es ein wirklich schweres, manchmal unschaffbares und gefährliches Unterfangen ist.  Amy Christine Parker konzentriert sich in ihrem Roman auf das langsame Aufwachen eines jungen Mädchens, das beginnt an den Worten ihres Anführers zu zweifeln, ihr Leben in der Gemeinschaft zu hinterfragen und das versucht aus einem Leben zu entfliehen, was ihr in naher Zukunft ein Exil androht, dem sie sich nicht gewachsen fühlt.

Dabei entwickelt die Autorin die Geschichte von Lyla recht langsam, lässt uns häppchenweise in die Struktur der Gemeinde von Madrodage Meadows eintauchen, kratz dabei aber nur oberflächlich am System herum. Sie erklärt den Alltag von Lyla, ihre Pflichten und Aufgaben in der Gemeinschaft und die Regelungen rund um Mann und Frau. Wir lernen Pioneer als Anführer mit harter Hand kennen, seine Visionen und seine Theorie um den Weltuntergang, doch viel tiefer geht es nicht. Wir erfahren nicht wie aus dem bürgerlichen Mann ein "Pioneer" wurde und wir erfahren wenig über die Gründe der Menschen ihm zu folgen, ihm blind zu vertrauen. Einzig Lylas Eltern bekommen so viel Hintergrund, dass man nachvollziehen kann warum sie sich für die Abgeschiedenheit der Gemeinde entschieden haben. Das hat mich ziemlich gestört, denn ich hätte gern mehr über das System erfahren und besonders Pioneers Geschichte hätte mich sehr interessiert. Wie kam er dazu den Weltuntergang zu prophezeien? Wie kam er auf die Idee von Madrodage Meadows?...Da hat mir wirklich viel gefehlt, was mir das Buch nachvollziehbarer gemacht hätte. So bin ich nicht dahinter gekommen.

Vielleicht lag dies aber auch an der Erzählperspektive. Wir stecken in Lylas Haut und sehen damit nur, was sie sieht. Und da sie keine nahe Vertraute von Pioneer ist, werden wir nicht nah genug an ihn heran gelassen. Vielleicht wäre es sinnig gewesen ein paar Kapitel aus Pioneers Sicht zu erzählen.

Insgesamt wirkt Madrodage Meadows sehr real und aus der Geschichte weiß man, dass es solche Sekten wirklich gab/gibt. Parker orientierte sich meines Erachtens sehr an Jim Jones "Peoples Temple" und lässt viele Informationen in die Entwicklung ihrer Gemeinde einfließen. Wenn man einwenig über die Peoples Temple weiß, so sind die Parallelen sehr auffällig. So bedient sich Parker sogar vieler Aussagen Jim Jones´die er vor dem geplanten Massenselbstmord aufgenommen hat, die Zitate zieren mehrere Kapitelüberschriften. Ich sehe das etwas kritisch, denn zuvor kann man über den Kapiteln Aussagen von Pioneer (der ja nun mal fiktiv ist) oder Bibelzitate lesen, doch dann kommen Ausagen von Jim Jones' oder Charles Mansons (von der Manson-Family). Der Massenselbstmord der Peoples Temple-Anhänger ist eine sehr dramatische Geschichte gewesen, an dessen Erinnerungen Überlebende heute noch zu kämpfen haben. Ich finde es nicht richtig sich solcher Beispiele in diesem Maße zu bedienen. Ich weiß, dass sich viele Autoren an geschichtlichen Ereignissen orientieren, das ist ja auch nicht verkehrt, aber man sollte einen gewissen Abstand wahren. Zitate, eines sagen wir mal Wahnsinnigen zu benutzen um dann eine Geschichte zu erzählen, die so ähnlich ist, dass man sofort daran erinnert wird, ist meines Erachtens nicht die richtige Wahl. Das ist ein weiterer Punkt, der mir nicht zugesagt hat.

Noch ein weiterer Kritikpunkt ist die Entwicklung der Charaktere. Man bekommt nur wenig Möglichkeit mit anderen Personen außer Lyla warm zu werden, dafür werden sie zu oberflächlich beschrieben. Sie bleiben blass. Allen voran geht dabei Cody.  Seine spärlichen Auftritte sind sehr kurz zu kurz. Lyla selbst ist eine sympathische Figur ohne große Ecken und Kanten. Solche war sie auch nie in der Lage zu entwickeln. Ihre Darstellung fand ich sehr gelungen, da man immer wieder ihre Zweifel spürt, ihre Unsicherheit erlebt und ihren inneren Kampf mit ihr ausfechtet.

Spannung kommt nur recht wenig auf. Das hätte mich auch gar nicht gestört, wenn dafür der Informationsfluss gestimmt hätte und man mehr in die Tiefe gegangen wäre. Wirkliche Action gibt es nur am Schluss und dort wirkt sie regelrecht übertrieben. Die Autorin schoss dabei über das Ziel hinaus. Schade!

Fazit:

Die Story kommt nicht recht in Fahrt, entwickelt sich eher zäh. Die Beschreibungen der Gemeinde und besonders des Anführers waren mir nicht informativ genug um nachvollziehbar zu sein. Gerade das Ende nimmt der Geschichte viel Realität. Schade! 
Ich bedanke mich herzlich bei dem Verlag dtv für die Bereitstellung dieses Leseexemplares