Rezension

Die Luft ist raus

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu -

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu
von Nina George

Bewertet mit 2 Sternen

Ich liebte "Das Lavendelzimmer" (und auch "Die Mondspielerin"), "Südlichter" kam nicht mehr so bei mir an, aber ich hoffte auf "Das Bücherschiff des Monsieur Perdu". Doch leider konnte mich dieser Roman mit dem schönen Cover noch weniger überzeugen als die "Südlichter". 

Es scheint, als ob Monsieur Perdu eine Midlife-Crisis durchmacht. Er ist mit nur 55 Jahren behäbig, fühlt sich alt und lässt eher andere für ihn entscheiden. Er ist gegen die moderne Technik, aus Angst, dass sie ihn, den Bücherapotheker ersetzen könnte - anstatt das Beste daraus zu nehmen. Ihm wird geraten wieder als Buchhändler auf seinem Bücherschiff zu arbeiten, weil er so unzufrieden wirkt und in seinem Beruf sicher glücklicher sei als aktuell in der Provence. 

Bis er wieder auf dem Schiff unterwegs ist, vergeht ein Drittel des Buches. Bis hierhin hatte ich unendlich lange, ich kam und kam nicht vorwärts, hab das Buch immer wieder weggelegt und dickere Bücher in viel kürzerer Zeit gelesen, dann dieses wieder in die Hand genommen. Aber die Story packte mich gar nicht. Ich hätte jederzeit abbrechen können, - und ich stand wirklich kurz davor - weil der Lesefluss gar nicht erst in Gang kam durch die unendlich vielen Unterbrechungen der Enzyklopädie-Auszügen. Ich las nur aufgrund der Hoffnung, dass ich doch noch einen Funken Zauber vom "Lavendelzimmer" finde, das ich damals so geliebt habe, weiter. 

Die Geschichte ist auch schnell erzählt: Jean Perdu wird, wie erwähnt überredet, nach Paris zurück zu kehren und dort sein Bücherschiff, seine literarische Apotheke, wieder in Betrieb zu nehmen und einen Nachfolger dafür finden. Auf der Reise schliessen sich ihm und Max wenige Personen an. Über diese und seine Kunden wird berichtet. 

Diese Geschichten, selbst der kurze Gastauftritt des französischen Präsidenten, konnten mich nicht abholen. Zudem wirkt Perdu lebensfremd, zumindest ist er der modernen Welt gegenüber nicht aufgeschlossen und hat Mühe, sich auf Neues einzulassen. Dass er erst auf der Flussreise nach Paris selbst merkt, dass er sich auf das neuerliche Arbeiten als Buchhändler-Apotheker freut, fand ich reichlich spät. Er will anderen "Medizin" verschreiben, merkt selbst aber nicht, was ihm fehlt. 

Die vielen Auszüge aus der Enzyklopädie immer am Ende eines Kapitels stören den Lesefluss der eigentlichen Geschichte enorm - der Roman wäre nur halb so lang ohne diese Auszüge, die wie eine Lesebremse wirken. Auch die vielen Schachtelsätze und Zusätze verlängern die Geschichte ohne Geschehen künstlich. Ja, der Weg ist das Ziel, meistens ist es so, aber der Weg sollte halt auch einigermassen interessant sein. Das ist er hier leider nicht. 

Die Autorin kann wundervoll schreiben, doch hier übertreibt sie es und der Sprachstil wirkt künstlich aufgeplustert. Manchmal wünscht man sich Fortsetzungen von Büchern, weil man wissen möchte, wie es mit den Protagonisten weiter geht. Manchmal ist es aber besser, wenn man es bei dem einen wunderbaren Bestseller belässt und sich anderen Themen schriftlich annähert anstatt die eine Story immer wieder weiter zu spinnen - und die Leserschaft nur noch gelangweilt ist davon.  

Anstatt nochmals einen Jean Perdu-Roman wäre die Veröffentlichung seiner Enzyklopädie meiner Meinung nach die bessere Idee gewesen. Da könnte man hin und wieder einen Eintrag lesen und wäre glücklich.

Fazit: Die Luft ist raus, es ist eine gescheiterte Lesebeziehung zwischen mir und dem "Bücherschiff" - beziehungsunfähig, wie es in der Enzyklopädie der literarischen Apotheke heisst. 
2 Punkte.