Rezension

Die Tragödie nebenan

Der tiefe Fall der Cecelia Price - Kelly Fiore

Der tiefe Fall der Cecelia Price
von Kelly Fiore

Bewertet mit 4 Sternen

Eine junge Frau auf der Schwelle zum eigenen Leben, steht nun am Abgrund. Die siebzehnjährige Cecelia gibt zu, Schuld am Tod ihres Bruders zu sein. Sie sitzt derzeit in U-Haft, wird psychologisch betreut und wartet nahezu teilnahmslos auf ihren Prozess. Doch worin genau liegt ihre Schuld? Sie selbst hat sich aufgegeben. Doch es gibt Menschen in ihrer Nähe, die dies noch nicht getan haben. Cecelia weiß keinen Ausweg und ergibt sich in ihr Schicksal. Sie spricht nur ungern über das Geschehene. Nur vor ihrem inneren Auge und dem des Lesers offenbart sie sich – Bruchstücke aus ihrem Leben „davor“. Hoffnungslosigkeit hat schon sehr lange Besitz von ihr ergriffen. Und dabei lief doch alles so gut – bis ihre Mutter starb. Die Familie verändert sich rasant. Der Vater hat mit Schulden zu kämpfen, der Bruder nimmt seit einer Knieverletzung Medikamente, von denen er abhängig ist und auch andere Drogen komsumiert und Cecelia bemüht sich um ein Stipendium. Jeder ist mit seinen Sorgen allein und verschließt sich den anderen Mitgliedern der kleinen Familie. Nichts dringt nach außen. Isolation, Einsamkeit und Misstrauen bestimmen den Familien-Alltag. Cecelia merkt als Einzige, dass etwas nicht stimmt, doch sie steht der negativen Entwicklung hilflos gegenüber. Eine Kettenreaktion ist in Gang gesetzt, die bald niemand mehr aufhalten kann. Der Roman bietet einen interessanten Einblick in Therapien traumatisierter Menschen. Eine Tat, ein Toter, eine Schuldige – so einfach ist es eben nicht. Man bekommt ein Gefühl dafür, wie schnell es geht, dass man selbst aus seinem eigenen Dasein herausgerissen wird. Diese Tragödie kann überall passiert sein – nebenan, mit einem selbst. Ein Mädchen, das nach Hilde schreit, indem sie schweigt. Das Ende ist auch hier nicht die ganze Geschichte, sondern nur die Spitze des Eisberges. Am Anfang ist alles schwarz/weiß, doch ziemlich schnell wird dieser Kontrast in vielfache Grau-Nuancen nachvollziehbar zerbröselt. Man begleitet Cecelia bei der Aufarbeitung des Geschehenen. Aus der Sicht der vermeintlichen Täterin wird der „Fall“ aufgerollt. Nicht urteilend sondern sehr sensibel wird beschrieben was geschieht, wenn praktisch eins zum anderen kommt, ein immer schmaler werdender Weg in einer Sackgasse endet. Doch es geht nicht nur um die Vergangenheit und die Rolle, die Cecelia dabei spielte. Es geht auch um ihr Leben „danach“.