Macht betroffen
Bewertet mit 4 Sternen
"...Den Anfang vom Ende mit ansehen zu müssen, wurde immer unerträglicher. ...ich schien die Einzige zu sein, die merkte, dass das Gebäude ihrer Ehe bröckelte..."
Die 17jährige Cecelia ruft die Polizei an. Sie behauptet, ihren Bruder Cyran umgebracht zu haben. Ihre Pflichtverteidigerin Jennifer sorgt dafür, dass Cecelia aus der Justizvollzugsanstalt in eine Klinik für Verhaltenstherapie verlegt wird. Doch Cecelia lässt zunächst niemand an sich ran.
Die Autorin hat einen bewegenden und tiefgründigen Jugendroman geschrieben. Der Roman lässt sich gut lesen und hat mich schnell gefesselt.
Cecelia erzählt ihre Geschichte selbst. Immer wieder gibt es Rückblenden in die Vergangenheit. Nach und nach entsteht so das Bild einer Familie, die nach dem Krebstod der Mutter nicht miteinander, sondern eher nebeneinander lebt. Cecelia ist häufig auf sich selbst gestellt. Weder der Vater noch die Stiefmutter hören ihre Mahnungen, denn Cecelia sieht, wie ihr Bruder nach seinen Unfall immer weiter abgleitet. Damit zerstört er auch ihre Zukunft. Es fehlt das Geld für das gewünschte Studium. Als sich für Cecelia eine Chance bietet, an Geld zu kommen, fällt sie eine fatale Entscheidung.
Der Schreibstil des Buches ist der jugendlichen Zielgruppe angepasst. Besonders gut wird Cecelias innere Zerrissenheit und ihre tiefe Verletztheit herausgearbeitet. Dem gegenüber steht der Vater, der keinen Blick für die Wirklichkeit hat und Cecelia eiskalt verurteilt. Seine Worte brechen ihr das Herz. Ihr Verhältnis zu Tucker geht mir zu schnell. Hier fehlt die Logik im Handlungsablauf, zumal Tucker einst das gleiche Problem hatte wie ihr Bruder. An der Stelle hätte ich mir mehr Behutsamkeit gewünscht. Die Zähigkeit der Dialoge ist gewollt. Dadurch zeigt sich, dass Cecelia etwas ganz anderes will als ihre Therapeuten. Ihre Selbstbeschuldigung ist Folge des vorhergehenden Geschehens. Sie will bestraft werden.
Ein besonderes Stilmittel ist das Tagebuch, zu dem ihr eine Therapeutin rät. Während sie anfangs ihr Leben verfremdet beschreibt, finde sie nach und nach Worte, um ihre Befindlichkeiten wiederzugeben.
Das Cover mit dem jungen Mädchen passt zur Geschichte.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es macht betroffen, wenn Cecelia für ihre Taten einsteht, alle anderen, besonders die Erwachsenen aber unbeschadet davon kommen.