Rezension

Ein humorvolles Buch mit ernstem Thema

Schau mir in die Augen, Audrey
von Sophie Kinsella

Bewertet mit 5 Sternen

Audrey ist Schülerin, nur dass sie bis zum nächsten Schuljahr von der Schule freigestellt wurde. In ihrer alten Schule gab es Vorkommnisse, in denen ihr Mitschülerinnen übel mitgespielt haben, so dass sie sich in Depressionen und Angstneurosen flüchtete.
Das hatte zur Folge, dass sie Probleme hat, das Haus zu verlassen oder gar Kontakte zu anderen Menschen zu pflegen. Gerade einmal ihre Familie lässt sie an sich heran, aber selbst ihnen kann sie nicht in die Augen schauen. Zu ihrem eigenen Schutz trägt sie deshalb ständig eine Sonnenbrille.
Sie bekommt Hilfe von einer Psychologin, die sie versucht, aus dem dunklen Tal wieder hervorzuholen. Sie gibt ihr ein Projekt auf, sie soll über ihre Familie und andere Menschen einen kurzen Dokumentarfilm drehen. Was für eine verrückte Idee ...

Audrey lebt in einer Familie, die ein wenig irre zu sein scheint.
Ihre Mutter hat ihren Job aufgegeben, um sich ganz um Audrey kümmern zu können, nachdem sie ihre Panikattacken hatte. Der Vater stimmt seiner Frau in allem zu, schließlich will er ja seine Ruhe haben, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt.
Audreys Bruder Frank ist ein absoluter Computerfreak. Gemeinsam mit seinem Freund Linus wollen sie sich an einem großen Computerspiel beteiligen, auf das sie sich vorbereiten wollen. Und genau damit kommen sie ihrer Mutter ins Gehege, die möchte nämlich verhindern, dass ihr Sohn ständig vor dem Computer sitzt und greift das ein oder andere Mal mit sehr drastischen Mitteln zur Tat.
Dann gibt es noch einen kleinen 4-jährigen Bruder, der ganz gern mal Schreianfälle bekommt.

Die Eltern von Audrey und Frank sind der absolute Wahnsinn. Die Mutter, die es nur gut meint, schreitet mit irren Ideen zur Tat. Die Familie soll sich gesund ernähren und natürlich auch sonst so auf der Höhe sein, wie es ihre morgendliche Lektüre vorschreibt. Um ihren Sohn vom Computerspielen abzulenken, will sie mit ihm joggen gehen, oder meldet ihn mal mit an, dass er für eine Wohltätigkeitsveranstaltung Brote belegen soll.
Der genervte Teenager kann gar nicht so oft die Augen verdrehen, wie er möchte. Aber es gelingt ihm sehr oft, zur Freude des Lesers, seine Mutter mit ihren eigenen Worten zu schlagen.
Sein Freund Linus kommt ihn des Öfteren besuchen, um mit ihm gemeinsam zu spielen, da es bei ihm zu Hause aufgrund der Alzheimererkrankung seiner Großmutter noch verrückter zugeht als bei Frank.
Ihm gelingt es sehr langsam, Zugang zu Audrey zu finden.

Audrey lebt in ihrer eigenen Welt. Oftmals sitzt sie allein im dunklen Zimmer, nimmt zwar teil am Familienleben, leidet aber noch immer an Angstattacken. Regelmäßig geht sie zur Psychologin, mit der sie über alles reden kann, was sie so bewegt.
Durch die Aufgabe, einen Dokumentarfilm über ihre Familie zu drehen, lernt der Leser auch die Familie sehr gut kennen. Audrey filmt alles, was sie sieht und hört, nicht immer zur Freude der Beteiligten.

Ein wunderbares Buch für Jugendliche mit einem ernsten Thema, Mobbing in der Schule. Was genau abgelaufen ist, erfährt man nicht, aber darum geht es auch nicht. Es geht um die mühevolle Aufarbeitung und der Zurückfindung ins Leben von Audrey.
Die Autorin hat die Krankheit sehr gut recherchiert, denn als Leser merkt man deutlich, wie verkrampft und unglücklich Audrey mit ihrer Situation und ihrem Leben ist. Sie möchte gern sein wie all die anderen, die sich mit Freunden treffen oder Veranstaltungen besuchen können. Ihr hat man all diese Freude genommen und mühsam kämpft sie sich zurück.
Große Unterstützung erfährt sie nicht nur von ihrer Psychologin sonder auch von ihrer Familie. Ganz vorn ihre Mutter, die sich sehr gluckenhaft benimmt. Aber auch ihr Bruder Frank steht ihr immer zur Seite.

Es ist herrlich zu erleben, wie Frank immer wieder versucht, seine Mutter auszutricksen. Ich musste das ein oder andere mal grinsen. Auch wenn seine Mutter es gut mit ihnen meint, empfand ich sie doch als sehr anstrengend.

Das Buch wurde aus der Sicht von Audrey geschrieben, so dass der Leser eng an ihrem Leben teilnehmen kann, aber auch eng an ihren Ängsten ist.
Es macht betroffen, wie schwer und wie lange Beteiligte damit zu kämpfen zu haben, ihre Ängste überwinden zu können.

Es ist ein Buch zum wachrütteln und der Aufgabe, die Augen nicht zu verschließen. Ein ernstes Thema, das wunderbar verpackt und lesenswert aufbereitet wurde.

Das Buch empfehle ich sehr gern weiter und nicht nur an Jugendliche.