Rezension

Schau mir in die Augen, Audrey!

Schau mir in die Augen, Audrey
von Sophie Kinsella

*Worum geht's?*
Die vierzehnjährige Audrey nimmt ihre Sonnenbrille niemals ab und verlässt kaum das Haus. Grund dafür sind aber weder pubertäre Starallüren noch ein anhaltender Hausarrest, sondern Audreys Krankheit: Sie leidet unter einer sozialen Phobie. Kontakt zu anderen Menschen – besonders ein direkter Blickkontakt – sorgt bei Audrey für heftige Panikattacken. Auch der Besuch von Linus, dem besten Freund ihres großen Bruders, endet im absoluten Desaster. Doch statt abgeschreckt zu sein, sucht Linus Audreys Nähe – Schritt für Schritt. Und Audrey spürt, dass ihr Herz immer stärker zu rasen beginnt, wenn sie auf Linus trifft – allerdings nicht aus Angst. Und plötzlich ist es für Audrey wichtiger denn je, ihre Krankheit zu besiegen...

*Meine Meinung:*
Sophie Kinsella hat sich als Autorin längst einen Namen gemacht. Mit ihren humorvollen Frauenromanen um die Shopaholic Rebecca Bloomwood hat abertausende Leserinnen begeistert. Mit „Schau mir in die Augen, Audrey“ wagt sich Sophie Kinsella nun erstmals ins Jugendbuch – und das, so viel sei vorweg verraten, mit vollem Erfolg!

„Schau mir in die Augen, Audrey“ erzählt die Geschichte der vierzehnjährigen Audrey, die seit einiger Zeit immerzu eine Sonnenbrille trägt und den Kontakt zur Außenwelt meidet. Was im ersten Moment wie die Starallüren eines pubertären Teenagers klingt, hat allerdings eine ernste Hintergrundgeschichte, denn Audrey leidet unter einer schweren sozialen Phobie. Ein traumatisches Ergebnis in ihrer alten Schule belastet sie so stark, dass jeglicher Kontakt zu anderen Menschen – abgesehen von ihren „Wohlfühl-Menschen“ - bei ihr für extreme Angst sorgt und zu Panikattacken führt. Audrey weiß, dass sie gegen ihre Krankheit kämpfen muss, und geht bereits regelmäßig zur Therapie. Aber der Weg zur Besserung ist voller schier unbezwingbarer Stolpersteine...

Sophie Kinsella hat sich für ihr erstes Jugendbuch ein äußerst schwieriges, ernstes und bedrückendes Thema herausgesucht, was man von der sonst so lustig-fröhlichen Autorin vielleicht nicht erwartet hätte. Liest man aber nur in die ersten Seiten des Romans hinein, spürt man sofort, dass Kinsella von ihrem Humor nichts abgelegt hat. Nach nicht einmal einem Kapitel hatte ich bereits vor lauter Lachen Tränen in den Augen – und im Laufe der Geschichte sollte es nicht bei diesem einen Mal bleiben. Sophie Kinsella schreibt mit so viel Witz und Charme, dass man sich dem Sog des Romans nicht entziehen kann.

Audreys Familie ist ein äußerst verrückter Haufen an liebevollen, wenn auch etwas merkwürdigen Charakteren. Ihre Mutter ist eine überfürsorgliche Frau, die schnell aus einer Mücke einen Elefanten macht und in jeder ihr widerstrebenden Handlung ihrer Kinder eine versagende Erziehung deutet, ihr Vater gehört zur Sorte „Natürlich, Schatz“ und scheint manchmal selbst ein wenig Angst vor seiner Frau zu haben. Ihr großer Bruder ist ein Computerfreak und träumt von einer Karriere als Profi-Gamer (was die Mutter um jeden Preis zu verhindern versucht) und ihr kleiner Bruder ist ein zuckersüßer Knuddelbär, der Audrey mit seinem kindlichen Blick auf die Welt verzaubert (und ihre Mutter zum Verzweifeln bringt). Ja, Audreys Familie ist wirklich ein wenig verrückt, aber ihre besondere Familiendynamik macht den Roman so herrlich authentisch, originell und auch emotional. Denn hat man die Familie erst richtig kennengelernt, möchte man sie am liebsten nie mehr ziehen lassen!

Ihre Familie ist für Audrey das wichtigste in ihrem Leben – und seien wir mal ehrlich: Seit des traumatischen Ereignisses ist sie auch das einzige in ihrem Leben. Audrey geht nicht mehr zur Schule, hat keinen Kontakt mehr zu ihrer früheren besten Freundin und redet, mal abgesehen von ihrer Familie, nur mit ihrer Therapeutin, die ihr auf dem Weg zurück in ein normales Leben mit Rat und Tat zur Seite steht. Aber dann kommt Linus ins Spiel, ein Freund ihres großen Bruders, und bringt Audreys stilles, abgeschottetes Leben völlig aus den Fugen. Er sucht Kontakt zu ihr, will sie kennenlernen und lässt sich von Audreys Phobie nicht verschrecken. Obwohl ihre erste persönliche Begegnung in einem Desaster endet, bleibt Linus an Audrey dran, schreibt erst Zettelchen, sucht dann kleine Gespräche, bis Audrey mehr und mehr auftaut...

Die Beziehung zwischen Audrey und Linus ist außergewöhnlich und speziell. Neben all den witzigen und skurrilen Szenen aus Audreys Familienleben sorgen die intimen und stillen Momente zwischen ihr und Linus für große Emotionen, Spannungen und Tiefe. Auf solch eine besondere Beziehung zwischen zwei so jungen Charakteren trifft man schließlich nicht in jedem Buch! Sophie Kinsella hat die wirren Gefühle in Audreys Kopf, ihren inneren Kampf gegen ihre Angst und ihr Trauma, für ihr Vertrauen zu Linus natürlich, gefühlvoll und berührend geschildert. „Schau mir in die Augen, Audrey“ richtet sich zwar an eine junge Zielgruppe, aber ich bin mir sicher, dass die Autorin auch weit über die Zielgruppe hinaus begeistern kann. Von so viel Gefühl, Humor und Einzigartigkeit, die dieses Buch in sich vereint, kann man nur begeistert sein!

*Fazit:*
„Schau mir in die Augen, Audrey“ ist das erste Jugendbuch der weltbekannten Bestseller-Autorin Sophie Kinsella – und das kann sich lesen lassen! Die Geschichte der vierzehnjährigen Audrey, die unter einer sozialen Phobie leidet und hartnäckig dafür kämpft, wieder ein normales Leben führen zu können, ist eine skurrile Mischung aus verrückter Familiendynamik, witziger Dialoge und emotional geladener Rückschläge. Man spürt mit jedem Wort, dass Sophie Kinsella ihr Handwerk versteht, und kann gar nicht anders, als herzlich lachend und bitter schluchzend an den Seiten zu kleben. „Schau mir in die Augen, Audrey“ ist für mich ein erstklassiger Lesespaß, der beweist, dass Jugendliteratur viel mehr als nur Unterhaltung sein kann. Ich vergebe 5 Lurche.