Rezension

Es hat mich nicht gepackt

Die Butterbrotbriefe -

Die Butterbrotbriefe
von Carsten Henn

Bewertet mit 3 Sternen

Literarische Soap-Opera

Ich habe das Buch aufgrund einer Empfehlung in der 'Zeit' gelesen. Es lässt mich etwas sprachlos zurück, in dem Sinne, dass es mich nicht gepackt hat. Kein Vergleich mit dem 'Buchspazierer'. Prinzipiell faszinieren mich Themen wie Schicksal, Neuanfang, Briefe schreiben, Ungesagtes zu Wort bringen. Die Eingangsmetapher ist kurz und knapp und gefällt: 'Meist verteilt das Schicksal Schläge. Nur selten nimmt es einen in den Arm' (7). So sind es auch eher die teilweise netten Metaphern, die mich weiterlesen lassen 'Abschiedsszenen sind im Film immer Momente für Nahaufnahmen' (43). Manche Formulierungen sind holprig: 'Jeder Satz von Anja, jedes Wort war ein Wirkungstreffer' (164), Wirkungstreffer? Einige Metaphern sind nicht gelungen oder banal, z.B. die Stelle als Kati das Miteinander-schlafen mit einem Haarschnitt vergleicht. Auf den 20iger- Seiten habe ich mich streckenweise gelangweilt. Ich möchte Henn auch nicht Unrecht tun, aber mitunter hatte ich das Gefühl, mich in einer verschriftlichten Soap-Opera zu befinden. Manche inhaltlichen Dinge empfinde ich als absurd und spinnert: 'Deine Mutter sagte, ich dürfe dir keinen Ausbildungsplatz anbieten, sonst würde sie überall herumerzählen, dass ich mit dem Mahmoud vom Anatolien-Grill eine Affäre hätte, was gar nicht stimmte' (120). Ein Obdachloser, der zuvor den Polarkreis bereiste und nun zufällig Vorträge in Onkel Martins Museum hält. Auch geht mir Kati mit ihrer verstorbenen Mutter, die sich nicht mehr rechtfertigen kann, zu hart ins Gericht. Das Cover, eine Nachbildung aus Butterbrotpapier mit einer Abbildung der beiden Protagonisten, ist gelungen. Auch wenn sich der Leser die Protagonisten vielleicht völlig anders vorstellt, den Obdachlosen Severin nicht so geschniegelt und gestylt. Den Preis von 20,00 € für das HC halte ich aufgrund des banalen Inhalts (Ich kann nichts Märchenhaftes, Poetisches im Roman entdecken) für knapp 250 Seiten für überzogen. Das Buch wirkt ein wenig so wie der verzweifelte Versuch, an den Erfolg des 'Buchspazierers' anzuschließen. Von mir gibt es allenfalls aus sprachlichen Gründen 3 Sterne. Das Buch wandert in den Bücherschrank.